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Steuer & Recht
"3,2,1 meins" heißt es in der Werbung des erfolgreichen Internet-Auktionshauses. Jeder kennt es, fast jeder nutzt es. Solange sich diese Nutzung nur auf den Ankauf von Waren beschränkt, kein Problem. Fraglich ist indes, wie sich regelmäßige Verkäufe über die Plattform für den Verkäufer auswirken. In der Vergangenheit ist - auch gerichtlich - bereits heftig darüber gestritten worden, wie viele eBay-Verkäufe noch als "privat" anzusehen sind und ab welchem Zeitpunkt sich der Privatverkauf in einen Verkauf durch einen Unternehmer "wandelt". Bereits diese Frage hat weitreichende Konsequenzen, müssen "Unternehmer" im Gegensatz zu Verbrauchern doch beispielsweise ein Impressum vorhalten und dem Käufer ein Widerrufsrecht einräumen; sie sind zudem in der Beschränkung von Gewährleistungsrechten, selbst beim Verkauf gebrauchter Waren erheblich regelementiert. Vor diesem Hintergrund war es sicherlich nur eine Frage der Zeit, bis sich auch die Finanzämter mit der steuerlichen Behandung von eBay-Gewinnen befassen. Mit Urteil vom 26.04.2012 hat nunmehr der Bundesfinanzhof (BFH) in München zur Frage der Umsatzsetuerpflicht bei eBay-Auktionen Stellung genommen (BFH, Urt. v. 26.04.2012, V R 2/11).
Der Fall:
Zwei Eheleute hatten im Jahre 2001 ein Nutzerkonto auf der Internet-Plattform "ebay" eröffnet und veräußerten in der Folgezeit eine Vielzahl von Gebrauchsgegenständen. Die zu verkaufenden Gegenstände hatten die Eheleute bei der Erstellung des jeweiligen Auktionsangebots verschiedenen Produktgruppen zugeordnet, so vor allem den Gruppen "Barbie", "Besteck", "Briefmarken", "Buch", "Computer", "Erzgebirge", "Goebel", "Goldetui", "Goldschmuck", "Harley", "Käthe Kruse", "Kaweco", "Konzert", "Majolika", "Märklin", "Montblanc", "Münze", "Nerz", "Parker", "Pelikan", "Porzellan", "Schildkröt", "Schreiben", "Schuco", "Software", "Steif" (gemeint wohl: "Steiff") und "Uhr" sowie (jeweils nur einmal) den Kategorien "Bogner", "Foto", "Hut", "Medaille", "Minox", "Rad", "Sigikid", "Teppich" und "Waterman". Daneben veräußerten sie noch eine Vielzahl anderer Gegenstände, die sich keiner bestimmten Kategorie zuordnen ließen. Insgesamt handelte es sich im Zeitraum zwischen November 2001 und Juni 2005 um über 1200 einzelne Verkaufsvorgänge. Hieraus erzielten die Eheleute Erlöse, die sich im Jahr 2001 (bei 16 Verkäufen) auf 2.617 DM, im Jahre 2002 (bei 356 Verkäufen) auf 24.963 EUR, im Jahre 2003 (bei 328 Verkäufen) auf 27.637 EUR, im Jahre 2004 (bei 226 Verkäufen) auf 20.946 EUR bis zur Einstellung der Tätigkeit im Sommer 2005 (bei 287 Verkäufen) auf 34.917 EUR beliefen. Die Eheleute gaben bei Einstellung der Verkaufsangebote auf der Plattform "ebay" jeweils an, es handele sich um einen Privatverkauf. Eine Gewährleistung für die verkauften Gegenstände übernahmen sie gegenüber dem jeweiligen Käufer nicht. Auch in der Einkommensteuererklärung fanden die Einnahmen aus den Verkäufen folglich keine Erwähnung.
Nach Ermittlungen der Steuerfahndung erließ das zuständige Finanzamt Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre (2003 bis 2005). Hiergegen wandten sich die Eheleute mit der nunmehr vom BFH zu entscheidenden Klage.
Die Entscheidung:
Entgegen der Auffassung "der Kläger" unterliegen die streitigen Leistungen der Umsatzsteuer.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt.
Nach der Rechtsprechung des EuGH können der bloße Erwerb und der bloße Verkauf eines Gegenstands keine Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen darstellen, da das einzige Entgelt aus diesen Vorgängen in einem etwaigen Gewinn beim Verkauf des Gegenstands besteht. Derartige Vorgänge können nämlich als solche grundsätzlich keine wirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne dieser Richtlinie darstellen" (EuGH-Urteile Slaby und Kuæ in DStRE 2011, 1417 Rdnr. 45; EDM in Slg. 2004, I-4295 Rdnr. 58, und vom 21. Oktober 2004 C-8/03, BBL, Slg. 2004, I-10157 Rdnr. 39). Keine private Vermögensverwaltung, sondern eine in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallende Tätigkeit liegt dagegen vor, wenn - wie hier - der Betreffende aktive Schritte zum Vertrieb von Gegenständen unternimmt, indem er sich ähnlicher Mittel bedient wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleistender, wobei derartige aktive Schritte insbesondere in der Durchführung bewährter Vertriebsmaßnahmen bestehen können.
Dem entspricht es, dass nach der Rechtsprechung des BFH im Einzelfall aufgrund des Gesamtbildes der Verhältnisse zu beurteilen ist, ob die Voraussetzungen einer nachhaltigen Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG erfüllt sind. Dabei ist eine Reihe verschiedener (nicht abschließend festgelegter) Kriterien zu würdigen, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen die Nachhaltigkeit der Einnahmeerzielung sprechen können (z.B. BFH-Urteile vom 27. Januar 2011 V R 21/09, BFHE 233, 77, BStBl II 2011, 524, unter II.2.; in BFHE 225, 163, BStBl II 2011, 292, unter II.1.b).
Insbesondere sind zu würdigen: die Dauer und die Intensität des Tätigwerdens, die Höhe der Entgelte, die Beteiligung am Markt, die Zahl der ausgeführten Umsätze, das planmäßige Tätigwerden, das Unterhalten eines Geschäftslokals (BFH-Urteil in BFHE 233, 77, BStBl II 2011, 524, unter II.2., m.w.N.). Zahl und Umfang der Verkäufe sind für sich genommen jedoch nicht allein maßgeblich.
Nach den Feststellungen des FG haben "die Kläger" im Jahr 2001 aus 16 Verkäufen 2.617 DM, im Jahr 2002 aus bereits 356 Verkäufen 24.963 EUR und in den Streitjahren 2003 bis 2005 aus insgesamt 841 Verkäufen 83.500 EUR erzielt und dabei einen erheblichen Organisationsaufwand betrieben. Hierbei hat das FG berücksichtigt, dass ein Verkäufer --wie auch im Streitfall "die Kläger"-- "sich für jeden einzelnen zur Internet-Versteigerung anstehenden Gegenstand Gedanken zu dessen möglichst genauer Bezeichnung, zu seiner Platzierung in der einschlägigen Produktgruppe und über ein Mindestgebot machen und zur Erhöhung der Verkaufschancen und des erzielbaren Erlöses für den Gegenstand in aller Regel mindestens ein digitales Bild anfertigen muss. Außerdem muss der Verkäufer den Auktionsablauf auf 'ebay' in regelmäßigen Abständen überwachen, um rechtzeitig auf Nachfragen von Kaufinteressenten reagieren zu können, sofern diese die auf der Auktionsseite eingestellten Wareninformationen als nicht ausreichend erachten. Nach Beendigung der jeweiligen Auktion muss der Verkäufer zudem den Zahlungseingang überwachen, um die Ware anschließend zügig verpacken und versenden zu können". Das FG hat diesen Sachverhalt ohne Verstoß gegen Denkgesetze und ohne Vernachlässigung wesentlicher Umstände dahingehend gewürdigt, dass eine intensive und langfristige Verkaufstätigkeit unter Nutzung bewährter Vertriebsmaßnahmen ("ebay"-Plattform) vorliegt, die deshalb als nachhaltig i.S. des § 2 Abs. 1 UStG zu beurteilen ist. Ob dabei ausschließlich, wie "die Kläger" meinen, auf die Geschäftsvorfälle in den Streitjahren abzustellen ist oder ob in die Gesamtbetrachtung auch die Verkäufe in den beiden Vorjahren einzubeziehen sind, ist unbeachtlich, weil im Regelfall nicht allein die Anzahl an Verkäufen zur Nachhaltigkeit führt. Ohne Verstoß gegen Denkgesetze hat das FG die nach seinen Feststellungen durchschnittlich in den Streitjahren ca. 280 über das Jahr, im Jahr 2005 nur über ein Halbjahr verteilten Einzelverkäufe als intensives Tätigwerden am Markt beurteilt und als einen Gesichtspunkt für das Vorliegen einer nachhaltigen Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 UStG bewertet.
Der Würdigung des FG stehen nicht die Urteile des BFH in BFHE 150, 224, BStBl II 1987, 752 (Münzsammler) und in BFHE 150, 218, BStBl II 1987, 744 (Briefmarkensammler) entgegen. Der BFH hatte darin entschieden, dass Briefmarken- und Münzsammler nur dann als Unternehmer anzusehen sind, wenn sie sich wie Händler verhalten. Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Nach den Feststellungen des FG waren die von "den Klägern" vermarkteten Gegenstände 36 Produktgruppen zuzuordnen, d.h. es hätten 36 Sammlungen vorgelegen. Darüber hinaus veräußerten "die Kläger" weitere Gegenstände, die sich keiner Produktgruppe zuordnen ließen. Die von den "Klägern" laufend als Einzelstücke über eine auch von Händlern benutzte Vertriebsform verkauften Gegenstände umfassten ein weit gefächertes, vielfältiges Angebot aus den unterschiedlichsten Lebens- und Anwendungsbereichen. Das ist mit den vom X. Senat des BFH entschiedenen Fällen eines Münz- bzw. Briefmarkensammlers, der seine Sammlung en bloc aufgibt und versteigern lässt, nicht vergleichbar.
Das FG geht im Ergebnis zu Recht davon aus, dass die Voraussetzungen des § 19 UStG im Streitfall nicht vorliegen.
Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG wird die für die Umsätze i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geschuldete Umsatzsteuer nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 EUR nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird. Diese Voraussetzungen waren in den Streitjahren nicht erfüllt, weil der jeweils maßgebliche Vorjahresumsatz 17.500 EUR überstiegen hat. Die Umsatzgrenze von 50.000 EUR hat keine eigene Bedeutung, wenn der Vorjahresumsatz bereits die Grenze von 17.500 EUR übersteigt; Bedeutung hat die Umsatzgrenze nur für den Fall, dass die Umsätze des vorangegangenen Jahres geringer sind als 17.500 EUR, aber im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 EUR übersteigen (BFH-Beschluss vom 18. Oktober 2007 V B 164/06, BFHE 219, 400, BStBl II 2008, 263, unter II.2.b, m.w.N.).
Bewertung:
Die Entscheidung des BFH reiht sich nahtlos in die bisherige Entscheidungspraxis (der Zivilgerichte) ein, die einhellig dann von einer unternehmerischen Tätigkeit ausgehen, wenn sich die Verkaufstätigkeit über eBay in einem größeren Umfang bewegt. So hatte das OLG Frankfurt bereits im Jahre 2004 (OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 27.07.2004 - 6 W 54/04; so auch OLG Frankfurt vom 21.03.2007, AZ 6 W 27/07) entschieden, dass ein "Powerseller" bei eBay regelmäßig als Unternehmer einzustufen ist. Nach Auffassung des BGH (BGH, Urteil vom 04.12.2008 - I ZR 3/06) sollen 91 Verkäufe innerhalb eines Zeitraumes von nur 5 Wochen ebenfalls ein starkes Indiz für die Unternehmereigenschaft darstellen. Das LG München geht davon aus, dass auch wenigen Verkäufe eine Unternehmereigenschaft begründen können, wenn es sich bei den verkauften Gegenständen um seltene und hochpreisige handelt (LG München, Urteil vom 07.04.2009, 33 O 1936/08). Hingegen sollen sich 68 Verkäufe innerhalb von acht Monaten nach Ansicht des OLG Frankfurt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 07.04.2005, Az.: 6 U 149/04) in einem "Grenzbereich" zwischen privater und unternehmerischer Tätigkeit bewegen. Nach Ansicht des Amtsgerichts Bad Kissingen sollen auch 154 Bewertungen bei eBay und die Versteigerung von allem, was im Haushalt nicht mehr benötigt wird, die Unternehmereigenschaft begründen können (Amtsgericht Bad Kissingen vom 04.04.2005, Az.: 21 C 185/04). Schließlich soll das Angebot von 80 gebrauchten Kleidungsstücken in nur 4 Wochen, selbst dann eine Unternehmereigenschaft begründen, wenn der Versteigerer 4 Kinder hat und deren Kleidung veräußert (LG Berlin Urteil vom 05.09.2006, 103 O 75/06). Die vorstehende Rechtsprechung verdeutlicht, dass die Abgrenzung zwischen Unternehmer- und Verbrauchereigenschaft im Einzelfall schwierig sein kann; sie zeigt jedoch, dass die Auseinandersetzung mit diesem Problemkreis jedenfalls dann erforderlich erscheint, wenn regelmäßig versteigert wird. Jedem eBay-Nutzer ist daher dringend anzuraten, sich mit der Thematik auseinander zu setzen. Sonst drohen neben Post vom Finanzamt, auch Abhamnungen durch Mitbewerber, beispielsweise, weil zwingende Verbraucherschutzvorschriften unbeachtet bleiben.
Dr. Robert Kazemi
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