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Sehr geehrte Ärzte,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Steuer & Recht
Interessant ist eine Entscheidung des Landgerichts (LG) Kiel vom 28.10.2011 (8 O 28/11), die sich mit der Frage befasst, ob und in welchem Umfang gegenüber einem Universitätsklinikum ein Provisionsanspruch für die Vermittlung von Patienten aus dem arabischen Raum geltend gemacht werden kann.
Der Fall
In dem konkreten Fall schloss ein arabisch sprechender „Patientenvermittler" im Jahr 2004 einen Vertrag mit einem Universitätsklinikum wonach ausländische Patienten, insbesondere aus dem Oman und den Vereinigten Arabischen Emiraten, vermittelt werden sollten. Daneben sollte der „Patientenvermittler" eventuelle Dolmetschertätigkeiten für diese Patienten übernehmen und diese während ihres Aufenthaltes im Universitätsklinikum begleiten. Für jede Vermittlung eines Patienten sollte dem Vermittler eine Vergütung in Höhe von 15 % der Einnahmen des Universitätsklinikums einschließlich der wahlärztlichen Honorare zugebilligt werden. Allein im Zeitraum zwischen Januar 2005 und August 2007 wurden an den „Vermittler" insgesamt Provisionszahlungen von 258.640,68 Euro gezahlt.
Der Vertrag mit dem Vermittler wurde seitens des Klinikums fristlos zum 19.09.2007 gekündigt, nachdem interne Abreden des „Vermittlers" mit einer weiteren Person über die Teilung des Erlöses aus den Vermittlungen bekannt wurden. Unabhängig hiervon verlangte der Vermittler aufgrund einer Abrechnung vom 15.09.2010 die Bezahlung der von ihm behaupteten im März bis September 2007 erbrachten Vermittlungsleistungen für die Vermittlung von Patienten in Höhe von 262.365,15 Euro.
Die Entscheidung
Vor dem LG Kiel konnte sich der „Patientenvermittler" nicht durchsetzen, da der rechtlich als Maklervertrag zu wertende Vertrag gemäß § 138 Abs. 1 BGB als sittenwidrig und damit nichtig gewertet wurde. Sittenwidrigkeit im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB werde gemeinhin definiert als ein Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Maklerverträge seien vielfach im Wirtschaftsleben üblich und dementsprechend auch im Gesetz geregelt und daher auch nicht an sich sittenwidrig. Anders sei es allerdings dann, wenn Provisionsvereinbarungen für die Vermittlung von Aufträgen in Lebensbereichen, in denen die Kommerzialisierung anstößig sei, getroffen werden. Das sei u. a. dann der Fall, wenn Provisionszahlungen für ärztliche Leistungen vereinbart würden. Ärztliche Tätigkeit solle nach den allgemeinen Wertanschauungen zwar sachgerecht vergütet werden, ihr Gegenstand betreffe jedoch Leib, Leben und Gesundheit eines Patienten.
Vertrauensverhältnis vorrangig
Dieses bedinge ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient. In der ärztlichen Berufsordnung komme das z. B. in § 28 Abs. 1 der Berufsordnung der Ärztekammer Schleswig-Holstein zum Ausdruck, wo der Gedanke der Gewährleistung des Patientenschutzes durch sachgerechte und angemessene Information und die Vermeidung einer dem Selbstverständnis des Arztes zuwiderlaufende Kommerzialisierung des Arztberufes hervorgehoben sei. Das Universitätsklinikum sei zwar als Anstalt des öffentlichen Rechts nicht unmittelbar Adressat der ärztlichen Berufsordnung, jedoch biete es medizinische Leistungen durch Ärzte an und insofern sei der vom Klinikum geschlossene Vertrag auch an der ärztlichen Berufsordnung zu messen, soweit es um die Frage der Sittenwidrigkeit des Vertrages gehe.
Unlauterer Wettbewerbsvorteil
Das LG Kiel kommt zu dem Ergebnis, dass ein Wettbewerb zwischen ärztlichen Leistungserbringern durch die Zahlung von Provision an Dritte für die Vermittlung von Patienten gesellschaftlich nicht erwünscht sei. Es bringe dem Patienten, dem heutzutage ein breites Informationsangebot über medizinische Leistungen zur Verfügung stehe, keinen Vorteil und bürge zumindest tendenziell die Gefahr die Kosten des Gesundheitssystems ohne Nutzen für die Krankenversorgung zu steigern. Das beklagte Universitätsklinikum verschaffe sich auf diese Weise einen unlauteren Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Krankenhäusern, die potenziell ebenfalls Patienten aus dem arabischen Raum behandeln könnten. Hinsichtlich der Sittenwidrigkeit sei zudem die vertragliche Abrede von besonderer Bedeutung, wonach beide Parteien davon ausgingen, dass das Universitätsklinikum seinerseits dem von dem Vermittler angeworbenen Patienten zusätzlich zu den Vergütungen für Arzt- und Krankenhausleistungen auch noch die Provision in Rechnung stellen werde. Die berufsordnungswidrige Verhaltensweise des Klinikums werde also zwischen den Parteien geradezu zur Vertragsgrundlage gemacht.
Bewertung
Die Entscheidung des LG Kiel ist nur zu begrüßen. Patienten sind keine Ware, die man beliebig „makeln" kann. Nicht umsonst sehen die Berufsordnungen der Ärzte- und Zahnärztekammern gleichermaßen auch ein Verbot der Zuweisung gegen Entgelt vor. Ärzten und Zahnärzten wird untersagt für die Zuweisung von Patientinnen, Patienten oder Untersuchungsmateriell ein Entgelt oder andere Vorteile sich versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. Dieses Verbot hat seinen guten Grund. Mit ihm soll die ärztliche Unabhängigkeit erhalten bleiben und das Vertrauen des Patienten darauf gesichert werden, dass sich die ärztliche Entscheidung am Patientenwohl und nicht an wirtschaftlichen Interessen orientiert.
Hintergrund dieser für Ärzte und Zahnärzte geltenden Grundsätze ist, dass einer Kommerzialisierung des ärztlichen Berufs entgegengewirkt werden soll. Es ist Kliniken und Medizinern unbenommen, ausländische Patienten in Deutschland zu behandeln und für die deutsche Medizin zu werben. Die Zahlung einer „Kopfprämie" ist aber der falsche Weg, wie die vorliegende Entscheidung des LG Kiel zeigt.
RA Michael Lennartz
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