• 15.02.2012 – ÄGH: Geldgeschenk eines Patienten an den behandelnden Artz in Höhe von 474.000,00 € als Berufspflichtverstoß

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ApoRisk® Nachrichten - Gesundheit:


Steuer & Recht

ÄGH: Geldgeschenk eines Patienten an den behandelnden Artz in Höhe von 474.000,00 € als Berufspflichtverstoß

 

Das Arzt-Patienten-Verhältnis ist besonders Vertrauensverhältnis und so in verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen berücksichtigt. So erbringt der Artz nicht einfach eine Dienstleistung, sondern eine solche "höherer Art". Das mit dem Artz gesprochene Wort ist vertraulich und auch strafrechtlich "abgesichert". Hintergund der Regelungen ist es, dass es das besondere Arzt-Patienten-Verhältnis zu schützen gilt. Dieser Schutz hört jedoch dort auf, wo sich das dem Arzt entgegengebrachte Vertrauen in eine Dankbarkeit mündet, die sich - wie in dem nun durch den Ärztegerichtshof (ÄGH) des Saarlandes entschiendem und nunmehr bekannt gewordenen Fall (Urteil vom 25.08.2010, ÄGH 1/09) - in nicht unerheblichem Maße finanziell auswirkt. Was war geschehen?

Der Fall:

Der zu einer Geldbuße von 15.000,00 € verurteilte niedergelassene Arzt hatte sich über Jahre hinweg intensiv um die Gesundheit einer Patientin und ihrer Familie gekümmert. Die medizinischen Leistungen des Chriurgen standen außer Frage; zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt war der Arzt seiner Patientin, die zwischenzeitlich schwer erkrankt war, auch in anderen Dingen des täglichen Lebens behilflich, begleitete diese zu Familienbesuchen, half ihr bei Einkäufen des täglichen Bedarfs sowie beim Möbelkauf. Alles, etwas anders konnte jedenfalls nicht nachgewiesen werden, ohne jeglichen finanziellen Hintergrund. Dennoch, die vermögende Patientin zeigte sich dankbar und wandte - in einem einwandfreien geistigen Zustand - ihrem Arzt per notarieller Schenkung einen Betrag von immerhin 474.000,00 € zu.

Die Entscheidung:

Der ÄGH sieht in der vorgenannten Annahme der Zuwendung durch den Arzt einen klaren Verstoß gegen das ärztliche Berufs- und Standesrecht. Durch die Entgegennahme des Geldbetrages habe der Arzt das  auf die Ärzteschaft allgemein bezogene Vertrauen in die Freiheit und Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen auf das gröbste verletzt und zugleich einen Verstoß gegen das ärztliche Berufsrecht verwirklicht. Nach § 32 MBO, ist es Ärztinnen und Ärzten nicht gestattet, von Patientinnen und Patienten oder Anderen Geschenke oder andere Vorteile für sich oder Dritte zu fordern oder sich oder Dritten versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird. Hierfür genügt der bloße Eindruck aus der Sicht eines Dritten, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung mit Blick auf die Zuwendung nicht gewahrt ist. Maßgeblich ist somit, dass in der Vorstellung eines objektiven Beobachters Zweifel daran entstehen, ob angesichts des Geschenks oder einer sonstigen Zuwendung die Wahrung der Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung gewährleistet ist. Das Abstellen auf den bloßen Zweifel spricht indes maßgeblich dafür, dass nicht nur die (konkrete) Unabhängigkeit des Arztes, sondern darüber hinaus das (abstrakte) Vertrauen in die Unabhängigkeit
und Freiheit ärztlichen Handelns geschützt werden soll. Durch die Annahme des Geldgeschenkes in nicht unerheblicher Höhe habe der Arzt das in ihn und die Ärzteschaft gesetze Vertrauen vorsätzlich verletzt und damit die Geldbuße verwirkt.

Bewertung:

Die Entscheidung des ÄGH ist zutreffend und folgerichtig. Die Annahme von (Geld-)Geschenken durch einen Arzt, stößt grundsätzlich auf erhebliche Bedenken. Dies kann nur dann nicht gelten, soweit es sich um übliche, geringwertige Zuwendungen handelt, die sicherlich bei einem Betrag über 100,00 € ihre Grenze finden. Ärzten ist daher dringend anzuraten, derartige Patientenangebote in jedem Fall abzulehnen.

Nicht Gegenstand des Urteils, da nicht in den Zuständigkeitsbereich des ÄGH fallend, war die ebenso interessante Frage, ob der Arzt - trotz der Geldbuße - das Geld wird behalten können. Schließlich lag ja eine formwirksame notarielle Schenkung vor. Der Schenkungsvertrag dürfe jedoch gem. § 138 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (hier § 32 MBOÄ) unwirksam und damit rückabzuwickeln sein. Hierfür müssten jedoch die "geprellten" Erben tätig werden. In diesem Fall verlöre der Arzt also nicht nur die 15.000,00 € Geldbuße, sondern auch die 474.000,00 €.

Dr. Robert Kazemi

 

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