Für Sie gelesen
Sehr geehrte Ärzte,
hier ist der vollständige Text für Sie:
NEUE ALLGEMEINE GESUNDHEITSZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND/ AUSGABE JANUAR 2012
Essen - Christian
Wulff lässt grüßen. Auch wenn die Konjunktur robust scheint, auch wenn
die Arbeitslosenzahlen - so sie denn nicht geschönt sind - permanent
abnehmen, zufrieden kann man mit dem, was manche politische und
gesundheitspolitische Akteure so treiben, nicht sein. Dass die Bürger
ihre Wut oft genug herunterschlucken (müssen), nimmt dem Handeln dieser
Personen und Institutionen nicht die Brisanz. Und dass der Wunsch in
jedem einzelnen von uns übermächtig wird, mit diesen Akteuren einmal
"Schlitten zu fahren", sprich ihnen unverblümt zu sagen, was man von
ihnen persönlich und ihren Handlungen und Ergebnissen hält - nämlich
absolut nichts - ist verständlich. Die Neue Allgemeine
Gesundheitszeitung für Deutschland hat uns in ihrer Ausgabe vom Januar
2012 diese Arbeit abgenommen.
Die Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland erscheint
monatlich deutschlandweit mit einer Auflage von einer Million Exemplaren
und ist kostenlos in Apotheken erhältlich.
SCHLITTENFAHREN 2012
Akteure, mit denen man mal Schlitten fahren müsste
Schlitten fahren kann man nicht nur im Winter. Klar, da gibt es Schnee -
meistens jedenfalls. Und nichts ist für Kinder schöner als raus ins
winterliche Weiß und mit dem Schlitten den Berg runter. Oder sich
einfach ziehen lassen, dick verpackt und mit sich und der Welt und dem
ziehenden Papa zufrieden.
In der Welt der Politik - speziell der Gesundheitspolitik - ist das
anders. Da ist man nicht immer zufrieden mit den Leuten, die ziehen.
Entweder ziehen sie nicht stark genug und es geht nicht voran. Oder sie
ziehen zu schnell und man fällt vom Schlitten. Oder sie ziehen in die
falsche Richtung, wo kein Schnee liegt, und nichts geht mehr. Oder sie
streiten sich mit anderen, die auch ziehen wollen, und keiner zieht.
Und so sitzt man betroffen bis wütend auf dem Schlitten und denkt, dass
man mit manch einem von diesen Akteuren im neuen Jahr mal so richtig
Schlitten fahren müsste.
Fangen wir ganz klein an. Da gibt es eine Betriebskrankenkasse, die NOVITAS BKK.
Die hat es rundum verdient, dass man mit ihr Schlitten fährt. Statt
alles für ihre Versicherten zu tun, sät sie Unfrieden zwischen ihren
Patienten und den Apotheken. Sie bezahlt den Apotheken viele tausend
Rezepte nicht. Weil sie angebliche oder tatsächliche Formfehler haben.
Die sind von Ärzten in der Hektik des Praxisalltags gemacht worden. Aber
die Apotheken haben die Arzneimittel an die Patienten abgegeben. Jetzt
quasi ohne Bezahlung, weil die NOVITAS BKK sich weigert zu zahlen. Dabei
darf sie das gar nicht. Das sagen jedenfalls der Amtsapotheker und die
Bezirksregierung und das Bundesinstitut für Arzneimittel. Aber die
NOVITAS BKK ist stur. Will sie nicht zahlen oder kann sie nicht?
Sehr viel schwieriger ist es, mit der Pharmaindustrie Schlitten zu
fahren. Das sind mächtige Konzerne, die weltweit unterwegs sind. Sie
fahren blendende Gewinne ein, die höchsten fast aller Branchen. Ihre
Kunden sind die pharmazeutischen Großhandlungen. Die sorgen dafür, dass
die Medikamente für die Kranken schnell und sicher in die Apotheke
kommen. Das erledigen die Großhandlungen mit einer minimalen
Handelsspanne. Aber wehe, wenn eine Regierung Gesetze erlässt, die an
den Erträgen der Pharmaindustrie kratzen. Dann nehmen Pharmafirmen wie
NOVARTIS ihre Kunden, die Großhandlungen, aufs Korn und kürzen denen
rigoros die Konditionen. Die verdienen dann nicht mehr genug, um den
guten Service für die Apotheken und die Patienten aufrechtzuerhalten.
Das ist den Pharmaherstellern aber ziemlich egal. Hauptsache, die eigene
Kasse stimmt wieder.
Wer gleich mit einer ganzen Partei Schlitten fahren möchte, der sollte
sich die SPD vorknöpfen. Die hat auf ihrem Parteitag einen Antrag
eingebracht, der die Einführung von Apothekenketten in Deutschland zum
Ziel hat. Das würde weniger Service, weniger Beratung, weniger
Arbeitsplätze bedeuten. Denn Ketten im Besitz von Konzernen ticken
anders. Da geht es nicht um die persönliche Verantwortung des Apothekers
gegenüber dem Patienten. Auch nicht um die hohe Qualität der
Arzneimittelversorgung, sondern um eine möglichst hohe Rendite.
Allerdings wiegelt die SPD jetzt ab. Keiner in der Partei, der das
wirklich gewollt hat. Pauschaler Gedächtnisverlust. Schlimm nur, wenn
eines Tages die SPD doch wieder im Gesundheitsministerium sitzt und das
Gedächtnis wiederkommt.
Womit wir beim Gesundheitsminister wären. Sollte man mit Daniel Bahr
Schlitten fahren? Unbedingt? Er hat viel am Hals - gleichzeitig
Gesundheitsminister, FDP-Parteichef in Nordrhein-Westfalen und
Vorstandsmitglied der FDP. Da hat man für Anhörungen, Diskussionen mit
Betroffenen und eine vernünftige Vorbereitung von Gesetzen nur wenig
Zeit. So sind die Gesetze dann auch. Ruck-zuck! Keine Änderungen, Gesetz
einbringen, fertig. Diese Arbeitsweise hat Bahr allerdings von seinem
Vorgänger Rösler übernommen. Der hatte schon mit dem
„Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz", kurz AMNOG genannt, wenig auf die
Meinung von Experten gegeben. Für die Apotheken war das Gesetz denn auch
eine Katastrophe. Mehr Arbeit, mehr Bürokratie, weniger Ertrag.
Jetzt wird im Gesundheitsministerium an einer neuen
„Apothekenbetriebsordnung" gebastelt. Darin steht, dass es in Zukunft
zwei Arten von Apotheken geben soll: die bisherigen „Vollapotheken" und
„Apotheken zweiter Klasse" - „Apotheke light" sozusagen. Ohne Labor,
ohne Rezepturherstellung, ohne wissenschaftliche Literatur, ohne
Nachtdienste, mit Personal im Hintergrund, das nicht so gut ausgebildet
zu sein braucht. Hirnrissig. Für Patienten wie für die Apotheken selbst
ein Graus. Da spielt es schon keine Rolle mehr, dass auch noch das
Sortiment so ausgeweitet werden soll, dass es einer Drogerie gleicht.
Soll die deutsche Apotheke, der man von Flensburg bis Berchtesgaden, von
Aachen bis Görlitz höchstes Vertrauen entgegenbringt, so den Todesstoß
bekommen? Gut, noch ist nicht aller Tage Abend. Aber zum Schlitten
fahren hat man da schon keine Lust mehr.
Arbeiten wir uns weiter nach oben. FDP-Parteichef Dr. Philipp Rösler,
Wirtschaftsminister und Vizekanzler, ist ein Politiker, mit dem man aber
unbedingt Schlitten fahren müsste. Als er im Mai 2011 handstreichartig
den Parteivorsitz der FDP übernahm, sagte er selbstbewusst in seiner
Rede: „Ab sofort wird geliefert". Das fanden nicht nur die
Parteimitglieder gut. Man dachte an die Lieferung von Qualität,
Geschlossenheit und sauberer Parteiarbeit. Doch dem „Bonner
General-Anzeiger" sagte er jüngst in einem Interview: „‚Liefern'
bedeutet ..., auf der Basis unserer liberalen Werte die Alltagssorgen
der Menschen zu beantworten." Aber auch das hat wohl irgendwie nicht
geklappt. Heute steht die Partei vor einem Scherbenhaufen und Rösler mit
bloßen Füßen mittendrin in dem Porzellan, das er selbst zerschlagen
hat.
Kann irgendjemand mit der Bundeskanzlerin Schlitten fahren? Keiner.
Alle, die das könnten, hat Angela Merkel vergrault oder weggelobt, die
Verbliebenen trauen sich allenfalls, mal einen Schneeball zu werfen.
Aber sollte man denn überhaupt mit ihr Schlitten fahren? Wo sie doch so
fleißig ist wie sonst keiner? Nun, da wäre schon der eine oder andere
Grund. Zum Beispiel, weil wir wegen ihrer konsequenten - manche sagen
„sturen" - Haltung in ganz Europa jetzt wieder die „hässlichen
Deutschen" sind. Oder weil die Euro-Rettungsschirme der Kanzlerin im
Augenblick des Aufspannens schon wieder zu klein sind und Deutschland
klatschnass zu werden droht. Vielleicht auch deshalb, weil für sie als
studierte Physikerin die vielen hundert Milliarden Euro, für die
Deutschland jetzt haftet, einfach nur eine abstrakte Zahl sind, so nach
dem Motto „auch Lawinen sind nur Schnee".
Darf man eigentlich mit einem Bundespräsidenten Schlitten fahren? Oder
genießt er immerwährende Immunität? Die Medien meinen seit Wochen: NEIN.
Sie fahren schon Schlitten mit ihm. Hat Christian Wulff nun den
Niedersächsischen Landtag getäuscht oder nicht? Immerhin hat er ein
Darlehen von einer Unternehmer-Ehefrau verschwiegen, als man ihn nach
seinen Geschäftsbeziehungen zu eben diesem Unternehmer befragte. Gut, er
brauchte Geld. Eine Scheidung ist teuer. Und wenn dann das Gehalt nicht
reicht? Da muss man schon in Villen von Freunden in Florida oder
Mallorca günstig Ferien machen. Aber langsam sind das ein bisschen viele
Skandälchen für einen Bundespräsidenten.
Womit wir nun wirklich ganz oben angekommen sind, an der Spitze der
Republik. Natürlich müsste man auch mit Thomas Gottschalk Schlitten
fahren. Wie kann er nur einfach „Wetten dass...?" hinschmeißen, der
Deutschen liebste Samstagabend-Sendung? Und kein Nachfolger in Sicht,
der ihm an Lockerheit und Schlagfertigkeit das Wasser reichen kann.
Aber mit Gottschalk würde Schlitten fahren wenigstens Spaß machen.
SCHLITTEN FAHREN MIT DEM REST DER WELT
Ein Kommentar der Redaktion
„Finanzmärkte" sind etwas Unheimliches. Wie kann diese seltsame Mischung
aus Computerprogrammen, Banken, Hedgefonds, Rating-Agenturen,
Großanlegern, Spekulanten, Zockern und kleinen Anlegern, die sowieso
regelmäßig ihr Geld verlieren, bewirken, dass Staatschefs zittern und
Regierungen stürzen?
Finanzmärkte lassen sich weder regulieren noch ignorieren. Sie fahren,
wann immer sie Gewinne sehen, Schlitten mit dem Rest der Welt.
Kontakt
NOWEDA eG
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Heinrich-Strunk-Straße 77
45143 Essen
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Email: redaktion@neue-allgemeine.de
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