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Sehr geehrte Ärzte,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Steuer & Recht
Die Parteien vertreiben Arzneimittel zur Behandlung von Diabetes mellitus, dieauf unterschiedlichen Wirkstoffen beruhen. Das Präparat der Klägerin enthältden Wirkstoff Insulinglargin, das Präparat der Beklagten den WirkstoffInsulindetemir. Die Klägerin wendet sich im Kern gegen die in einem Faltblattder Beklagten enthaltene Werbeaussage, wonach das von der Beklagten vertriebeneMittel gegenüber dem Mittel, das den von der Klägerin verwandten Wirkstoffenthält, zu einer geringeren Gewichtszunahme führe. Dabei wendet sich ein Teilder Klageanträge dagegen, dass sich die Beklagte zum Beleg ihrer Werbeaussagekonkret auf eine Studie gestützt hat. Ein anderer Teil der Anträge richtet sichgegen die Werbeaussage ohne Bezugnahme auf eine Studie.
Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, die Studienergebnisse, auf die sich dieBeklagte stützt, seien wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert. DieWerbung sei daher irreführend.
Das Landgericht Berlin hat die Klage abgewiesen. Die dagegen eingelegteBerufung blieb ohne Erfolg. Die Werbung, so das Kammergericht, verstoße nichtgegen das Wettbewerbsrecht, weil die Studienergebnisse, auf die sich dieWerbeaussagen der Beklagten stützten, Eingang in die beim Zulassungsverfahrengeprüfte Fachinformation gefunden hätten. Deshalb sei zu vermuten, dass derGewichtsvorteil, mit dem die Beklagte geworben hatte, dem wissenschaftlichgesicherten Stand entspreche. Diese Vermutung habe die Klägerin nichtwiderlegt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision will die Klägerin dieVerurteilung der Beklagten erreichen.
Auf die Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteilteilweise aufgehoben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung undEntscheidung an das Kammergericht zurückverwiesen. Von der Aufhebung betroffensind diejenigen Anträge, die sich gegen die durch Bezugnahme auf eine Studiebelegte Werbung mit einem Gewichtsvorteil richten.
Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass insoweit eine Irreführung unter demGesichtspunkt des Verstoßes gegen den Grundsatz der "Zitatwahrheit"in Betracht kommt. Danach sind Studienergebnisse, die in der Werbung oder imProzess als Beleg einer gesundheitsbezogenen Aussage angeführt werden,grundsätzlich nur dann hinreichend aussagekräftig, wenn sie nach denanerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführtund ausgewertet wurden. Dafür ist im Regelfall erforderlich, dass einerandomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit einer adäquatenstatistischen Auswertung vorliegt, die durch die Veröffentlichung in denDiskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden ist. Ob auch - wie imStreitfall - nachträglich anhand vorliegender Studiendaten im Rahmen einer sogenannten Subgruppenanalyse oder im Wege der Zusammenfassung mehrererwissenschaftlichen Untersuchungen (Metaanalyse) erstellten Studien eineWerbeaussage tragen können, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabeikommt es für die Frage der Irreführung neben der Einhaltung der für dieseStudien geltenden wissenschaftlichen Regeln vor allem darauf an, ob der Verkehrin der Werbung hinreichend deutlich auf die Besonderheiten der Art,Durchführung oder Auswertung dieser Studie und gegebenenfalls die in der Studieselbst gemachten Einschränkungen im Hinblick auf die Validität und Bedeutungder gefundenen Ergebnisse hingewiesen und ihm damit die nur eingeschränktewissenschaftliche Aussagekraft der Studie vor Augen geführt wird. Solcheaufklärenden Hinweise enthält die beanstandete Werbung nicht, obwohl die inBezug genommene Studie Anlass dazu gegeben hat.
Dagegen ist die ohne konkreten Bezug zu der Studie aufgestellte Behauptungeines Gewichtsvorteils im Streitfall rechtlich nicht zu beanstanden, weil sichein solcher Vorteil - genauer: eine geringere Gewichtszunahme - nach denrechtsfehlerfreien Feststellungen des Kammergerichts im Streitfall aus derarzneimittelrechtlichen Zulassung und der Fachinformation entnehmen lässt. Zwargilt für Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet dergesundheitsbezogenen Werbung nach dem im Heilmittelwerberecht maßgebendenStrengeprinzip generell, dass die Werbung nur zulässig ist, wenn siegesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht. Grundsätzlich kann sichaber - so der Bundesgerichtshof - ein Werbender zum wissenschaftlichen Nachweisder Richtigkeit seiner Werbebehauptung auf den Inhalt der Zulassung und derFachinformation berufen, weil diese Unterlagen Gegenstand der Überprüfung durchdie Zulassungsbehörde sind. Eine Irreführung kommt aber dann in Betracht, wennder Kläger darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass neuere, erst nach demZulassungszeitpunkt bekanntgewordene oder der Zulassungsbehörde bei derZulassungsentscheidung sonst nicht zugängliche wissenschaftliche Erkenntnissevorliegen, die gegen die wissenschaftliche Tragfähigkeit der durch dieZulassung belegten Aussagen sprechen. Da die Klägerin nichts zu solchenErkenntnissen vorgetragen hatte, war die Klageabweisung insofern zu Rechterfolgt.
BGH, Urteil I ZR62/11 vom 06.02.2013
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