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Sehr geehrte Ärzte,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Steuer & Recht
Setzt
der nach Scheidung wiederverheirate Ehemann in einem während seiner
ersten Ehe errichteten Testament seine erste Ehefrau als Erbin ein, kann
seine im Testament nicht berücksichtigte zweite Ehefrau das Testament
nach dem Tode des Ehemanns regelmäßig anfechten. Das hat der 15.
Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 28.10.2014 in einer
Nachlasssache entschieden und damit den erstinstanzlichen Beschluss des
Amtsgerichts Arnsberg abgeändert.
Der 1945 geborene Erblasser aus
Arnsberg heiratete 1982 seine erste Ehefrau und errichtete mit ihr im
Jahre 2003 ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament, in dem
sich die Eheleute wechselseitig zum alleinigen Erben des
Erstversterbenden einsetzten. In einem Nachtrag vereinbarten die
Eheleute, dass das Testament auch im Falle der Ehescheidung gelten
sollte. Die Ehe wurde 2011 geschieden. Kurz darauf heiratete der
Erblasser seine zweite Ehefrau. Mit dieser errichtete er Anfang 2012 ein
notarielles Testament, in dem er u. a. seine früheren letztwilligen
Verfügungen widerrief. Zu Lebzeiten des Erblassers ist das notarielle
Testament aus dem Jahre 2012 der ersten Ehefrau nicht übermittelt
worden. Nach dem Tode des Erblassers im Februar 2013 hat die zweite
Ehefrau das Testament aus dem Jahre 2003 angefochten, weil sie als
Pflichtteilsberechtigte übergangen worden sei. Die erste Ehefrau hat das
Testament aus dem Jahre 2003 für wirksam erachtet und die Erteilung
eines sie als Alleinerbin ausweisenden Erbscheins beantragt.
Der
Erbscheinantrag der ersten Ehefrau ist erfolglos geblieben. Der 15.
Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat festgestellt, dass die erste
Ehefrau nicht Erbin geworden ist, weil - so der Senat - die zweite
Ehefrau das Testament aus dem Jahre 2003 wirksam angefochten habe. Das
Testament aus dem Jahre 2003 sei zwar aufgrund des Nachtrags der
damaligen Eheleute nicht mit der Scheidung unwirksam geworden.
Auch
habe es der Erblasser mit dem 2012 errichteten, neuen Testament nicht
wirksam widerrufen, weil der Widerruf gegenüber der ersten Ehefrau zu
erklären gewesen wäre und der Erblasser zu seinen Lebzeiten versäumt
habe, seiner ersten Ehefrau den Widerruf zu übermitteln. Die zweite
Ehefrau habe das erste Testament aber wirksam angefochten. Sie habe die
Anfechtung innerhalb der mit dem Tode des Erblassers beginnenden
Jahresfrist erklärt. Die Anfechtung sei sachlich begründet, weil die
zweite Ehefrau zur Zeit des Erbfalls eine Pflichtteilsberechtigte sei,
die das Testament aus dem Jahre 2003 nicht berücksichtige. Das
berechtige zur Testamentsanfechtung, weil das Gesetz vermute, dass der
Erblasser den Pflichtteilsberechtigten bei Kenntnis der späteren
Sachlage nicht übergangen hätte. Eine Anfechtung sei nur dann
ausgeschlossen, wenn anzunehmen sei, dass der Erblasser die in Frage
stehende letztwillige Verfügung auch bei Kenntnis der späteren Sachlage
getroffen haben würde. Hiervon sei im vorliegenden Fall nicht
auszugehen. Nach dem seinerzeit vereinbarten Nachtrag habe das Testament
des Jahres 2003 nur bei der Scheidung weitergelten sollen. Dafür, dass
es nach dem Willen des Erblassers auch im Falle seiner
Wiederverheiratung weitergelten sollte, gebe es keine konkreten
Anhaltspunkte.
Der Beschluss ist rechtskräftig.
OLG Hamm, Beschluss 15 W 14/14 vom 28.10.2014
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