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Steuer & Recht
Das Oberlandesgericht München hat am 20.03.2014 das Urteil in dem Rechtsstreit um den sog. "Teuersten Teppich der Welt" verkündet.
Der Eigentümerin des Teppichs, die diesen bei einem Varia-Auktionshaus zur Versteigerung eingereicht hatte, wo er ganz erheblich unter Wert versteigert wurde, steht danach gegen das Auktionshaus kein Anspruch auf Schadensersatz zu.
Die Klägerin hatte bei einem nicht auf die Versteigerung von Teppichen spezialisierten, sondern in einer großen Bandbreite tätigen Auktionshaus in Augsburg, der späteren Beklagten, einen persischen Teppich zur Versteigerung eingeliefert. In dem Auktionskatalog wurde der - dort nicht abgebildete - Teppich mit einem Aufrufpreis von 900 Euro beschrieben als "Persische Galerie, antik, blaugrundig, floral durchgemustertes Mittelfeld, Laufstellen, Sammlerstück". Daneben bewarb die Beklagte den Teppich mit einer Abbildung auf Internetplattformen. Die Begutachtung und Schätzung erfolgten bei dem Auktionshaus für die Einlieferer kostenfrei. Der Teppich wurde schließlich am 09.10.2009 für 19.500 Euro versteigert. Der tatsächliche Wert des Teppichs war aber bedeutend höher. Einige Monate nach der Versteigerung durch die Beklagte wurde der Teppich durch das Auktionshaus "Christie's" in einem dortigen Versteigerungskatalog auf ca. 200.000 bis 300.000 Britische Pfund geschätzt und am 15.04.2010 in London zum Preis von ca. 6,2 Millionen Britische Pfund (zum Zeitpunkt der Klage umgerechnet ca. 7,2 Mio. Euro) versteigert. In dem Katalog von "Christie's" war der Teppich ausführlich als einer der ersten Vasenteppiche aus dem Kirman beschrieben, und zwar derjenige, der in dem Werk des Historikers Pope "A Survey of Persian Art" aus dem Jahr 1939 abgebildet ist, und der nach den Angaben von Pope aus der Mitte des 17. Jahrhunderts stammen und sich in der Sammlung der Comtesse de Béhague befinden soll.
Die Klägerin nahm daraufhin das Augsburger Auktionshaus auf Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht Augsburg wies die Klage ab, wogegen die Klägerin Berufung zum Oberlandesgericht München einlegte. Dieses hat, sachverständig beraten, die Berufung der Klägerin nunmehr zurückgewiesen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat das beklagte Auktionshaus im konkreten Fall die im Handelsverkehr erforderliche Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns beachtet. Maßstab für den Inhalt und Umfang der die Beklagte treffenden Nebenpflichten bei der Besichtigung, Bewertung und Katalogbeschreibung des Teppichs und die Frage des Verschuldens sei vorliegend nicht die Sorgfalt eines Teppichhändlers oder Teppichexperten, sondern die von einem sog. Varia-Auktionator geschuldete Sorgfalt.
Der Beklagten könne danach jedenfalls keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden, die kausal für den eingeklagten Schaden gewesen wäre.
Der Teppich sei vor der Versteigerung im Haus der Beklagten einer ausreichenden näheren Untersuchung unterzogen und eine genauere Herkunftszuordnung bzw. Altersbestimmung anhand von Fachbüchern versucht worden. Außerdem sei ein im Haus der Beklagten als erfahren bekannter Teppichhändler nach seiner Einschätzung befragt und der vorgesehene Katalogpreis nochmals überdacht worden. Dies entspreche der Vorgehensweise, die aus sachverständiger Sicht von einem Varia-Auktionator grundsätzlich zu erwarten ist.
Weitere Nachforschungen der Beklagten seien nicht veranlasst gewesen, da diese keine konkreten Anhaltspunkte dafür gehabt habe, dass der Teppich ein außergewöhnlich wertvolles Exemplar ist, zu dessen adäquater Bewertung die Beklagte ohne Unterstützung durch einen Teppichexperten nicht in der Lage sein und das im Rahmen einer Versteigerung bei der Beklagten nicht zu dem ihm angemessenen Preis veräußert werden könnte.
Auch wenn der Teppich in dem Buch über persische Kunst von Pope - dort allerdings schwarz-weiß - abgebildet ist, und zwar mit der Zuordnung zur Sammlung der Comtesse de Béhague, habe die Beklagte dies nicht wissen müssen. Bei dem genannten Buch handele es sich nicht um ein sog. Standardwerk eines Varia-Auktionators. Im Übrigen sei der Teppich in keinem dem gerichtlichen Sachverständigen bekannten Fachbuch dargestellt.
Von einem Varia-Auktionator könne auch nicht verlangt werden, dass er aufgrund des Blattmusters des Teppichs den Bezug zu einem kostbaren Vasenteppich aus dem 17. Jahrhundert herstellen kann. Das im Internet gut dargestellte Muster des Teppichs sei auch für die zahlreichen Teppichexperten (das "who-is-who" der Teppichhändler), die sich im Vorfeld der Versteigerung bei der Beklagten für den Teppich interessiert haben, verkannt worden. Die Beklagte hätte als Varia-Auktionator auch nicht aufgrund des Zustands und der Knüpftechnik das hohe Alter des Teppichs erkennen müssen.
Soweit das Oberlandesgericht Frankfurt in einer Entscheidung vom 24.01.1985 die Auffassung vertreten hat, dass das angesprochene Publikum bei Versteigerungen eines öffentlich bestellten und vereidigten Auktionators wegen dessen "amtlichen Anscheins" erwarte, dass die von ihm angegebenen Schätzpreise in etwa dem Preis entsprechen, der im Handel für gleichartige Teppiche verlangt wird, diesen jedenfalls nicht erheblich übersteigen, handele es sich um eine nicht vergleichbare Sachverhaltskonstellation. Vorliegend habe die Beklagte davon ausgehen dürfen, dass - anders als im Frankfurter Fall - nur fachkundige Kaufinteressenten über den Katalogpreis hinaus bieten würden.
Die Beklagte habe aufgrund des großen Interesses vor der Auktion auch nicht den Schluss ziehen müssen, dass sie den Teppich möglicherweise falsch zu niedrig eingeschätzt hatte.
Die Beklagte habe den Teppich vor der Versteigerung auch nicht schadensursächlich fehlerhaft oder ungenügend präsentiert gehabt. Das von ihr gefertigte Foto sei aussagekräftig gewesen. Die von ihr stammende Beschreibung des Teppichs im Versteigerungskatalog sei auch nicht falsch, lediglich - wie für ein Varia-Auktionshaus nicht unüblich - sehr kurz und etwas vage gefasst. Im Übrigen habe die Beklagte die Provenienz des Teppichs zutreffend mit Persien und das Alter zutreffend mit "antik" beschrieben. Darüber hinaus sei der Teppich als einziger der 51 im Katalog enthaltenen Teppiche als "Sammlerstück" bezeichnet und dadurch hervorgehoben worden. Im Hinblick auf den Umstand, dass die Beklagte von Seiten der Klägerin keine verlässlichen anderweitigen Informationen über die originäre Herkunft des Teppichs erhalten hatte, sei diese Art der Beschreibung grundsätzlich nicht zu beanstanden. Der Auktionator sei nicht verpflichtet, unter allen Umständen die genaue Herkunft und das präzise Alter eines Versteigerungsgutes zu ermitteln.
Für die Beklagte habe schließlich auch keine Veranlassung bestanden, die Klägerin an ein überregionales Auktionshaus zu verweisen.
Die Revision gegen sein Urteil hat das Oberlandesgericht nicht zugelassen. Die Klägerin hat aber die Möglichkeit, beim Bundesgerichtshof eine sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen.
OLG München, Urteil 14 U 764/12 vom 20.03.2014
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