• 01.09.2013 – Integrativer Unterricht im Gymnasium

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Steuer & Recht

Integrativer Unterricht im Gymnasium

 

Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Meiningen hat mit ihrem Beschluss vom 22.08.2013 dem Eilantrag eines minderjährigen Schülers stattgegeben und den Freistaat Thüringen verpflichtet, ihn vorläufig in dem Gymnasium in Vacha zu unterrichten. Der Antragsteller ist auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen. Bis zum Abschluss der 4. Klasse erhielt er integrativen Unterricht an der Staatlichen Grundschule in Vacha.

Das Schulamt Westthüringen hatte die Aufnahme des Schülers am Gymnasium in Vacha abgelehnt und auf die Möglichkeit der Beschulung im 16 km entfernten Gymnasium in Bad Salzungen verwiesen, weil eine integrative Beschulung am Gymnasium in Vacha an der nicht vorhandenen Barrierefreiheit scheitere, da die Unterrichtsräume auf 5 Ebenen angeordnet seien und es keinen Aufzug gebe. Die Verwendung eines mobilen Treppensteigegerätes stelle im Brandfall bei einer Evakuierung eine Gefahr für den Antragsteller und seine Mitschüler dar, weil Fluchtwege verengt würden. Auch fehle es an einer behindertengerechten Toilette.

Die 1. Kammer ist in ihrem Beschluss zu der Überzeugung gelangt, dass die Entscheidung des Schulamtes Westthüringen unter dem Aspekt der vorrangigen integrativen Unterrichtung der Zielsetzung und Aufgabenstellung des § 1 des Thüringer Förderschulgesetzes nicht gerecht wird. Danach nimmt das Förderschulwesen Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf als Person in ihrer unveräußerlichen Würde an und bietet durch individuelle Fördermaßnahmen die Grundlage für erfolgreiches Lernen und für die soziale und berufliche Integration, damit sie zur Bewältigung ihres Lebens befähigt werden sowie zu einem erfüllten Leben gelangen. Unter Berücksichtigung dieser Zielsetzung vermochten die Einwände des Antragsgegners gegenüber der Wahlfreiheit des Antragstellers betreffend des gewünschten Gymnasiums nicht zu überzeugen (es besteht im Gegensatz zu Grund- und Regelschulen bei der Schulart Gymnasium kein Schulbezirk).

Der fehlenden Barrierefreiheit konnte der Antragsteller erfolgreich entgegenhalten, dass er während des gesamten Unterrichts durch den ganztägig anwesenden Integrationshelfer Unterstützung erhält und dieser das Treppensteigegerät bedienen kann, so dass er auch ohne Aufzug die verschiedenen Etagen des Schulgebäudes erreichen wird.

Auch die im Schulgebäude in Vacha im Brandschutzgutachten vom Mai 2005 festgestellten Mängel beim Brandschutz vermochten die ablehnende Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Die darin festgestellten Unzulänglichkeiten und erforderlichen Verbesserungsmöglichkeiten betreffen grundsätzlich alle am Gymnasium tätigen Lehrer und Schüler und können nicht lediglich der Schulwahl des Antragstellers entgegengehalten werden. Schließlich ist der Hinweis auf einen fehlenden Aufzug ebenfalls nicht entscheidungsrelevant, weil ein solcher im Brandfall nicht benutzt werden darf.

Selbst der Antragsgegner war anlässlich einer Ortsbesichtigung zu der Einschätzung gelangt, dass eine Unterrichtung des Antragstellers in Vacha nach Umbau einer Toilette grundsätzlich möglich ist. Für einen solchen Umbau zur Behindertentoilette hat der vom Antragsteller eingeschaltete Beauftragte für Menschen mit Behinderung in Thüringen (BMB) einen Betrag von 4.000 Euro reserviert.

Mangels durchgreifender Ablehnungsgründe war der Antragsgegner zu verpflichten, den Besuch des Gymnasiums in Vacha zu ermöglichen.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde zum Thüringer Oberverwaltungsgericht in Weimar erhoben werden.

VG Meiningen, Beschluss 1 E 437/13 vom 22.08.2013

 

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