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Sehr geehrte Ärzte,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Steuer & Recht
Dies hat der
für das Versicherungsrecht zuständige 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts
Karlsruhe im Falle einer Jagdhaftpflichtversicherung erneut bestätigt.
Der Kläger meldete seinem Haftpflichtversicherer einen Schadensvorfall und
behauptete, so auch noch in seiner Klage auf Deckungsschutz, dass Frau S durch
seine nicht geprüften Jagdhunde geschädigt worden sei. Nach Beendigung einer
Gesellschaftsjagd habe er seine Hunde an der Leine geführt, Frau S sei als
Treiberin an der Jagd beteiligt gewesen. Die beiden Hunde seien plötzlich wegen
eines Rehs losgejagt, mit der Leine hätten sie Frau S umgerissen, diese habe u.
a. einen Meniskus- und einen Bänderabriss erlitten und habe mehrmals operiert
werden müssen. Sie verlange deshalb Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro. Bei
seiner Anhörung vor dem Landgericht hat der Kläger allerdings eingeräumt, dass
der Unfall anders verlaufen sei, er habe seine Hunde nicht an der Leine
geführt, sondern beide schon morgens vor der Jagd an Frau S übergeben, er sei
erst nach dem Unfall hinzugekommen.
Das Landgericht hat seiner Klage auf Deckungsschutz stattgegeben, die
vorsätzliche Obliegenheitsverletzung habe keinen nachteiligen Einfluss auf die
Belange des Versicherers gehabt.
Die dagegen gerichtete Berufung des Haftpflichtversicherers hatte Erfolg, der
Senat hat die Klage abgewiesen. Der Versicherer ist von seiner Leistungspflicht
frei geworden, weil der Kläger seine Obliegenheit zur Abgabe wahrheitsgemäßer
Schadensberichte vorsätzlich und arglistig verletzt hat. Die Versicherung hat
zwar bisher nur eine Akontozahlung von 1.000,00 Euro erbracht, so dass eine
folgenlose Obliegenheitsverletzung vorliegen könnte. Bei einer folgenlosen
Verletzung der Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers kann sich der
Versicherer dennoch dann auf Leistungsfreiheit berufen, wenn die
Obliegenheitsverletzung generell geeignet war, die Interessen des Versicherers
ernsthaft zu gefährden und dem Versicherungsnehmer ein erhebliches Verschulden
zur Last fiel. Das ist hier der Fall. Das Verhalten des Klägers war generell
geeignet, die Interessen der beklagten Versicherung ernsthaft zu
beeinträchtigen. Die beiden Geschehensvarianten sind nämlich haftungsrechtlich
unterschiedlich zu bewerten. Nach der ersten Variante, bei der der Kläger die
Tiere an der Leine geführt haben wollte, ist ohne Weiteres von einer
Tierhalterhaftung des Klägers auszugehen, ein Mitverschulden liegt eher fern.
Bei der zuletzt vom Kläger eingeräumten Variante kommt aber ernsthaft in
Betracht, dass die Geschädigte Tieraufseherin im Sinne von § 834 Satz 1 BGB
war. Ist der Aufseher selbst der Verletzte, haftet der Tierhalter zwar auch,
doch wird ein Mitverschulden des Tieraufsehers vermutet.
Ob der Versicherer den Kläger vorher deutlich über den Anspruchsverlust belehrt
hat, der ihm bei vorsätzlich falschen Angaben droht, kann hier offen bleiben,
denn auch ohne Belehrung wird der Versicherer leistungsfrei, wenn der
Versicherungsnehmer seine Aufklärungspflicht arglistig verletzt hat und deshalb
den mit der Belehrungspflicht bezweckten Schutz nicht verdient. Der Kläger hat
hier arglistig gehandelt. Eine arglistige Täuschung setzt eine Vorspiegelung
falscher oder ein Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem Versicherer zum
Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Der
Versicherungsnehmer muss vorsätzlich handeln, indem er bewusst und willentlich
auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt. Eine Bereicherungsabsicht ist
nicht erforderlich. Es reicht, dass der Versicherungsnehmer einen gegen die
Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt und es für möglich hält,
dass das eigene Verhalten die Entscheidung des Versicherers beeinflusst.
Hier hat der Kläger erklärt, dass er seinem Versicherungsmakler den Unfall
richtig geschildert habe. Dieser habe jedoch erklärt, dass man das so nicht
schreiben könne, letztlich habe er die vom Versicherungsmakler formulierte und
geschriebene Schadensanzeige mit der falschen Darstellung des Hergangs
unterzeichnet. Damit hat der Kläger nicht nur gewusst, dass der mit seiner
Unterschrift bestätigte Geschehensablauf in seiner Schadensanzeige nicht
zutreffend war, sondern er wollte mit der unzutreffenden Schilderung des
Schadenshergangs eine Leistung der Beklagten erlangen, obwohl er annahm, dass
er sie bei wahrheitsgemäßer Darstellung nicht oder so nicht erwarten konnte.
Dabei entlastet es den Kläger nicht, dass er den Rat seines
Versicherungsmaklers befolgt hat. Das mag eventuelle Schadensersatzansprüche
gegen den Versicherungsmakler begründen, ändert aber nichts an dem Bewusstsein
des Klägers, dass der Versicherer getäuscht wird, um ihn zur Gewährung von
Deckungsschutz zu veranlassen. Die vorsätzliche und arglistige
Obliegenheitsverletzung führt zur vollen Verwirkung des Versicherungsschutzes,
auch wenn der wahre Sachverhalt vom Versicherungsschutz erfasst worden wäre.
Das Urteil ist rechtskräftig.
§ 833 Satz
1 BGB: Haftung des Tierhalters. |
OLG Karlsruhe, Urteil 12 U 204/12 vom 06.06.2013
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