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Sehr geehrte Ärzte,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Steuer & Recht
Die 29. Zivilkammer des Landgerichts München I hat am 18.09.2013 die Klage einer Arzneimittelherstellerin gegen ein privates Krankenversicherungsunternehmen abgewiesen. Die Klägerin begehrte im Hauptantrag die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet ist, an die Beklagte Zahlungen zu leisten nach dem Gesetz über Rabatte für Arzneimittel (AMRabG) für von der Klägerin unter ihrem Namen in den Verkehr gebrachte verschreibungspflichtige Arzneimittel, deren Kosten die Beklagte ihren Versicherungsnehmern im Rahmen des Versicherungsverhältnisses ganz oder teilweise erstattet hat. Auch die Hilfsanträge, die dahin zielten, Abschläge jedenfalls für solche Arzneimittel nicht oder zumindest für die Vergangenheit nicht zahlen zu müssen, deren Kosten aufgrund von Selbstbehalten nicht erstattet wurden, hat die Kammer abgewiesen.
Die Klägerin hält die Abschlagsregelungen für verfassungswidrig. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat die Kammer nicht eingeholt, da sie die Regelungen des AMRabG für verfassungskonform hält.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen die folgenden Erwägungen zugrunde:
1. Die Regelungen des AMRabG verstoßen nicht gegen die in Art. 12 Abs. 1 GG normierte Berufsfreiheit.
Die durch das AMRabG begründeten Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind als Berufsausübungsregelungen gerechtfertigt. Es steht dem Gesetzgeber frei, sich für ein Zwei-Säulen-Modell aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung zu entscheiden. Trifft der Gesetzgeber eine solche Entscheidung, darf er dem in Art. 20 Abs. 1 GG verankerten Sozialstaatsprinzip in beiden Säulen Geltung verschaffen. Vor diesem Hintergrund ist die Sicherung eines bezahlbaren Krankenversicherungsschutzes auch in der privaten Krankenversicherung ein verfassungslegitimes Regelungsziel.
Die Regelungen des AMRabG sind auch geeignet und erforderlich, dieses Ziel zu erreichen. § 1 Satz 4 AMRabG regelt, dass die Abschläge gemäß § 1 Satz 1 AMRabG von den Unternehmen der privaten Krankenversicherung ausschließlich zur Vermeidung oder Begrenzung von Prämienerhöhungen oder zur Prämienermäßigung bei den Versichertenbeständen verwendet werden dürfen. Da die Arzneimittelkosten eine nicht unwesentliche Grundlage der Prämienberechnung darstellen, ist die Maßnahme geeignet zur Sicherung eines bezahlbaren Krankenversicherungsschutzes.
Vor dem Hintergrund der Kostensteigerungen im Arzneimittelbereich in der Vergangenheit durfte der Gesetzgeber die Maßnahme auch für erforderlich halten.
Die Regelungen des AMRabG sind auch nicht unzumutbar. Im Vergleich zu den Abschlägen zugunsten der gesetzlichen Krankenversicherung sind die Belastungen durch das AMRabG aufgrund der geringeren Anzahl an privat krankenversicherten Personen tragbar. Gleichzeitig profitieren die Arzneimittelhersteller durch den regelmäßig umfassenderen Leistungskatalog der privaten Krankenversicherungen im Bereich der erstatteten Arzneimittel von den privaten Krankenversicherungen. Daher ist es zumutbar, wenn sich die Arzneimittelhersteller auch daran beteiligen, zu einem bezahlbaren Krankenversicherungsschutz auch in der privaten Krankenversicherung beizutragen.
2. Auch § 1 Satz 3 AMRabG, wonach zur Ermittlung der Abschläge auf vertraglichen oder gesetzlichen Regelungen beruhende Selbst- oder Eigenbehalte nicht zu berücksichtigen sind, ist nach Auffassung der Kammer mit dem Grundgesetz vereinbar.
Eine verfassungswidrige Rückwirkung dieser erst durch Art. 3a des Dritten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 07.08.2013 (BGBl. I 2013, S. 3108) eingeführten, jedoch bereits rückwirkend zum 01.01.2011 in Kraft gesetzten Regelung liegt nicht vor.
Denn es fehlt an einem schutzwürdigen Vertrauen in eine vor Einführung der Neuregelung geltende abweichende Rechtslage. Schutzwürdiges Vertrauen ist jedoch Voraussetzung einer erfolgreichen Berufung auf eine unzulässige Rückwirkung. Ein solches konnte jedoch nicht erwachsen. Schon aus § 1 Satz 1 AMRabG folgt eine Verpflichtung zur Zahlung der Abschläge auch bei lediglich teilweiser Erstattung durch die privaten Krankenversicherungen bzw. Beihilfeträger. Damit liegt jedenfalls die Konstellation einer unklaren und verworrenen Rechtslage vor, in der die rückwirkende Klarstellung durch den Gesetzgeber ausnahmsweise zulässig ist.
LG München I, Urteil 29 O 18909/12 vom 18.09.2013 (nrkr)
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