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Steuer & Recht
In den drei Verfahren, die der für das Bankenrecht zuständige 17. Zivilsenat am
24.09.2013 zu entscheiden hatte, verlangen die Kläger von der beklagten
Bausparkasse Schadensersatz wegen vertraglicher Pflichtverletzungen im
Zusammenhang mit dem Erwerb und der Finanzierung einer vermieteten oder zu
vermietenden Eigentumswohnung. Die Kläger erwarben in den 90er Jahren zwecks
Steuerersparnis unter Vermittlung der Heinen & Biege-Gruppe Wohnungseigentum.
Sie unterschrieben im Vorfeld einen sog. Objekt- und
Finanzierungsvermittlungsauftrag (OFA), in dem Finanzierungskosten und Gebühren
für die Vermittlung des Objekts konkret ausgewiesen waren. Die Beklagte war als
Darlehensgeberin an der Finanzierung der Käufe beteiligt.
Mit Urteil vom 24.09.2013 (17 U 281/12) hat der 17. Zivilsenat
ein Schadensersatz zusprechendes Urteil des Landgerichts Karlsruhe aufgehoben
und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Die Kläger hatten geltend
gemacht, sie seien über die Höhe der tatsächlich an den Vertrieb geleisteten
Provisionen durch falsche Angaben in dem OFA arglistig getäuscht worden. Die
vom Vertrieb erwarteten Vertriebsprovisionen seien deutlich höher gewesen als
dort angegeben, die Höhe der Gesamtprovision sowie die Verwendung des OFA seien
der beklagten Bausparkasse bekannt gewesen. Die Beklagte hat bestritten, dass
die Verkäuferin überhaupt eine Provision an das Vertriebsunternehmen bezahlt
und dass dieses mit Täuschungsabsicht gehandelt habe. Sie selbst habe keinen
Wissensvorsprung im Zusammenhang mit einer etwaigen arglistigen Täuschung durch
den Vertrieb gehabt. Der Senat hat das Urteil aufgehoben, weil das Landgericht
ohne Beweisaufnahme angenommen hat, dass die Verkäuferin des Objekts über die
in dem OFA genannten Provisionen hinaus zusätzliche Provisionen geleistet habe.
Das Landgericht könne seine Annahme nicht auf Erkenntnisse aus anderen
Verfahren stützen, in denen andere Verkäufer gehandelt hätten. Ein solches
Vorgehen verstoße gegen das Gebot, sich mit dem Streitstoff umfassend
auseinanderzusetzen und den Sachverhalt durch die Erhebung der angetretenen
Beweise möglichst vollständig aufzuklären. Das Landgericht habe auch
rechtsfehlerhaft der Beklagten nicht die Möglichkeit eingeräumt, durch eine
Beweisaufnahme ihren vermuteten Wissensvorsprung bezüglich der Vorgehensweise
des Vertriebsunternehmens zu widerlegen. Der von der Beklagten genannte Zeuge
müsse deshalb noch vernommen werden.
Im Verfahren 17 U 280/12 lag der Schwerpunkt bei der
Verjährung und der Frage, ob die Rechtskraft eines früheren Urteils, mit dem
eine Schadensersatzklage gegen die Bausparkasse rechtskräftig abgewiesen worden
war, einer neuen Schadensersatzklage entgegensteht. Das Landgericht hatte
deshalb die zweite Schadensersatzklage abgewiesen, die Berufung der Kläger zum
Oberlandesgericht Karlsruhe hatte Erfolg.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verbietet die
materielle Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung als negative
Voraussetzung eine neue Verhandlung über denselben Streitgegenstand. Im
früheren Prozess hatten die Kläger zur Pflichtverletzung behauptet, dass im
Kaufpreis nach dem von der Beklagten gebilligten Anlagemodell hohe
Innenprovision enthalten gewesen seien und die Beklagte hierüber einen
konkreten Wissensvorsprung gehabt habe. Im jetzigen Verfahren behaupten die
Kläger jedoch eine andere Pflichtverletzung, nämlich dass das
Vertriebsunternehmen durch konkrete Angaben der Provisionen im OFA den Käufern arglistig
vorgespiegelt habe, weitere Provisionen würden nicht bezahlt, obwohl im
Kaufpreis zusätzliche Innenprovisionen enthalten gewesen seien, und die
Beklagte von dieser aktiven Täuschung gewusst habe. Der Senat vertritt die
Auffassung, dass die einzelnen Pflichtverstöße, auch wenn sie in einem
einheitlichen Beratungsvorgang erfolgt sind, als unterschiedliche
Streitgegenstände zu behandeln sind. Die im jetzigen Verfahren geltend gemachte
Pflichtverletzung hat der Senat für erwiesen erachtet. Die Kenntnis der
Beklagten von der aktiven Täuschung der Kläger durch den Vertrieb wird wegen
des institutionalisierten Zusammenwirkens der Beklagten mit dem Vertrieb
vermutet. Der Senat konnte sich durch die Vernehmung des von der Beklagten zur
Ausräumung der Vermutung benannten Zeugen, ihres früheren Finanzvorstandes,
nicht davon überzeugen, dass der Beklagten die Verwendung des Formulars (OFA)
und die falschen Angaben darin über die Provisionen nicht bekannt waren.
Der Schadensersatzanspruch sei auch nicht verjährt. Der Beginn der Verjährung
setze voraus, dass der Anspruchsteller sämtliche anspruchsbegründenden Umstände
kenne oder grob fahrlässig nicht kenne, die Kenntnis des bevollmächtigten
Rechtsanwalts werde zugerechnet. Solche Kenntnisse des Rechtsanwaltes im ersten
Prozess habe das Landgericht zu Unrecht angenommen. Den Schriftsätzen im ersten
Prozess sei die Kenntnis von einem Wissensvorsprung der Beklagten über eine
aktive Täuschung der Anleger durch Verwendung des irreführenden OFA nicht zu
entnehmen. Nicht ausreichend sei nämlich, dass im Vorprozess "versteckte
Innenprovisionen" thematisiert oder behauptet worden sei, die Anleger
seien im Zusammenhang mit dem Wohnungserwerb arglistig getäuscht worden. Der
Beweis, dass der frühere Prozessbevollmächtigte Kenntnis davon gehabt habe,
dass die Beklagte damals den OFA und seine generelle Verwendung gekannt habe,
sei der Beklagten nicht gelungen. Die Vernehmung des Rechtsanwaltes durch den
Senat habe nur ergeben, dass dieser Informationen gehabt habe, nach denen die
Beklagte von erheblichen Innenprovisionen gewusst habe, die von ihr finanziert
worden seien, nicht jedoch von der Kenntnis der Beklagten von einer aktiven
Täuschung unter Verwendung des irreführenden OFA.
In dem Verfahren 17 U 231/12 hatten die Kläger gegen die
beklagte Bausparkasse 2004 erfolglos eine Vollstreckungsgegenklage erhoben, um
die Zwangsvollstreckung in ihr Wohnungseigentum aus einer Sicherungsgrundschuld
abzuwenden. Sie schlossen nach dem verlorenen Prozess deshalb mit der Beklagten
einen Vergleich, wonach gegen einen Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen
sämtliche Ansprüche oder Einwendungen des Darlehensnehmers gegen die Badenia im
Zusammenhang mit dem Erwerb und/oder der Finanzierung des Beleihungsobjekts für
die Gegenwart und Zukunft abgegolten sind, unabhängig davon, ob solche
Ansprüche/Einwendungen bislang bereits gerichtlich oder außergerichtlich
geltend gemacht worden sind und unabhängig davon, ob solche
Ansprüche/Einwendungen bislang bekannt sind.
Die Kläger haben nun eine Schadensersatzklage gegen die Bausparkasse beim
Landgericht Karlsruhe wegen Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang
mit Vertriebsprovisionen erhoben. Sie halten den Vergleich für unwirksam, weil
die Beklagte die Vollstreckungsabwehrklage nur durch einen Prozessbetrug
gewonnen habe und der Vergleich unter dem sittenwidrigen Druck der
Zwangsvollstreckung abgeschlossen worden sei.
Das Landgericht Karlsruhe hat die Klage abgewiesen, die Berufung der Kläger zum
Oberlandesgericht Karlsruhe blieb ohne Erfolg. Nach der Begründung des Senats
sei der Vergleich wirksam und erfasse alle etwaigen Schadensersatzansprüche wie
sie die Kläger jetzt geltend machten. Die Kläger hätten den Vergleich nicht
angefochten. Sie könnten auch nicht geltend machen, der Vorprozess sei aufgrund
eines Prozessbetruges falsch entschieden worden, bei wahrheitsgemäßem Vortrag
wäre die Klage erfolgreich und damit eine Androhung der Zwangsvollstreckung
nicht mehr möglich gewesen und die Vergleichsvereinbarung mangels
Vollstreckungsdrucks von den Klägern nicht geschlossen worden. Die Rechtskraft
des früheren Urteils über die Abweisung der Vollstreckungsgegenklage könne hier
nicht über § 826 BGB wegen sittenwidriger Schädigung durchbrochen werden, für
einen vorsätzlich falschen Vortrag der Beklagten im Vorprozess gebe es keine
hinreichenden Anhaltspunkte. Die Beklagte habe auch nicht unzulässig die
Rechtskraft des angeblich falschen Urteils ausgenutzt. Die Kläger seien
anwaltlich vertreten gewesen und hätten umfassend zu Schadensersatzansprüchen vorgetragen.
Sie seien in der Lage gewesen, eine eigenverantwortliche Entscheidung darüber
zu treffen, sich auf das Vergleichsangebot der Beklagten einlassen oder die
Zwangsvollstreckung hinzunehmen. Für die Wiederaufnahme des Vorprozesses
fehlten die gesetzlichen Voraussetzungen. Es sei der Beklagten hier nicht
verwehrt, auf der Einhaltung des Vergleichs zu bestehen. Sie habe mit der
Aufnahme der Abgeltungsklausel, die in Vergleichen allgemein üblich sei, das
anerkennenswerte verständliche Anliegen durchgesetzt, keinen weiteren
Rechtsstreit über die behaupteten Schadensersatzansprüche führen zu müssen,
wenn sie den Klägern mit dem Verzicht auf Zwangsvollstreckung und die
Sicherheitenverwertung sowie mit der Einräumung von Ratenzahlung entgegenkomme.
OLG Karlsruhe, Urteile 17 U 231/12, 17 U 280/12 und 17U 281/12 vom 24.09.2013
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