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Sehr geehrte Ärzte,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Steuer & Recht
Zur Verabschiedung des Gesetzentwurfs gegen unseriöse Geschäftspraktiken im
Kabinett erklärt die Bundesministerin der Justiz, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger:
Die Bundesregierung unternimmt einen großen Schritt, um Kleingewerbetreibende
und Verbraucherinnen und Verbraucher in ihren Rechten zu stärken. Das Maßnahmenpaket
enthält Regeln zum Vorgehen gegen unseriöse Geschäftsmethoden beim Inkasso,
gegen überzogene urheberrechtliche Abmahnungen, gegen unlautere Telefonwerbung
sowie missbräuchliches Verhalten von Unternehmen im Wettbewerb.
Unseriöse Geschäftspraktiken in den Bereichen Inkassowesen, Telefonwerbung und
Abmahnwesen sind immer wieder Gegenstand von Bürgerbeschwerden. Der
Gesetzesentwurf ist aber auch im Interesse der Wirtschaft: wenige schwarze
Schafe schaden dem Ruf ganzer Branchen. Das Verbraucherschutzpaket nimmt
unseriösen Methoden den Anreiz und setzt dem Missbrauch Schranken. Das
punktuell gestörte Vertrauen in die Seriosität des Geschäftsverkehrs kann so
zurück gewonnen werden.
Das neue Gesetz wird Verbraucher vor überhöhten Abmahngebühren bei Urheberrechtsverletzungen
schützen. Dazu werden vor allem die Abmahngebühren für Anwälte gesenkt und
damit die Kosten für die viele Hundert Euro teuren Anwaltsschreiben insgesamt
"gedeckelt". Das Gesetz soll verhindern, dass sich Kanzleien ein Geschäftsmodell
auf überzogene Massenabmahnungen bei Bagatellverstößen gegen das Urheberrecht
aufbauen. Deshalb sollen die Kosten für die erste Abmahnung an einen privaten
Nutzer fortan regelmäßig auf 155,30 Euro gedeckelt werden. Wir müssen im
Interesse von Verbrauchern und Kreativen die seriösen Abmahnungen vor dem
Verruf schützen, in den sie immer wieder gebracht werden. Massenabmahnungen von
Bagatellverstößen gegen das Urheberrecht lohnen sich künftig nicht mehr. Wir
haben eine Regelung gefunden, die eine Abmahnung im Grundsatz vergünstigt, nur
ausnahmsweise sind volle Gebühren fällig - das war vorher andersherum. Das
geltende Urheberrecht hat seine Wirkung verfehlt!
Gewinnspiele können Unternehmen künftig nicht mehr massenhaft per Anruf
verabreden, das muss jetzt in Textform passieren. Bei diesen Verträgen gehen
Verbraucher oft langfristige Verpflichtungen ein, ohne dass sie sich dessen
bewusst sind. Es darf sich nicht mehr lohnen, Verbraucher am Telefon zu
überrumpeln, deshalb werden die maximalen Bußgelder für unerlaubte Werbeanrufe
von 50.000 auf 300.000 Euro versechsfacht.
Beim wichtigen Inkasso-Wesen sorgt das Gesetz für mehr Transparenz. Jetzt ist
Schluss mit nebulösen Forderungsschreiben: Künftig muss aus der Rechnung klar
hervorgehen, für wen ein Inkassounternehmen arbeitet, warum es einen bestimmten
Betrag einfordert und wie sich die Inkassokosten berechnen. Aufsichtsbehörden
können vor dem Widerruf der Registrierung schärfere Sanktionen gegen in- und
ausländische Inkassodienstleister aussprechen. Das schützt nicht nur den
Verbraucher, sondern stärkt auch die in der großen Mehrheit seriös arbeitenden
Inkassounternehmen.
Im Wettbewerbsrecht entschärfen wir den "fliegenden Gerichtsstand",
das heißt, dass sich der Kläger künftig nicht mehr das Gericht mit der für ihn
günstigsten Rechtsprechung aussuchen kann.
Hintergrund
Der Gesetzentwurf gegen unseriöse Geschäftspraktiken enthält
Regeln zum Schutz der Verbraucher in verschiedenen Rechtsbereichen.
Urheberrecht
Abmahnungen - gebührenpflichtige Schreiben eines Rechtsanwalts - sind ein unter
anderem im Urheber- und Wettbewerbsrecht etabliertes und legitimes Instrument.
Es hilft, kostspielige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Es soll aber
anwaltlichen Geschäftsmodellen Einhalt geboten werden, bei denen die massenhafte
Abmahnung von Internetnutzern wegen Urheberrechtsverstößen zur
Gewinnoptimierung betrieben wird und vorwiegend dazu dient, gegen den
Rechtsverletzer einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der
Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Es ist den Rechtsinhabern und der
Legitimität der Durchsetzung ihrer Rechte abträglich, wenn durch solche
Geschäftsmodelle das grundsätzlich auch in anderen Bereichen bewährte und
effektive zivilrechtliche Institut der Abmahnung in Misskredit gebracht wird,
weil der eigentliche Abmahnzweck, nämlich die Beseitigung und die Unterlassung
der Verletzungshandlung, in den Hintergrund rückt.
Eine 2008 eingeführte Begrenzung der Gebühren erfüllt nach den bisherigen
Erfahrungen ihren Zweck nicht. Sie erzeugte Rechtsunsicherheit bei den
Betroffenen, die oft das mit der Abmahnung vorgelegte
"Vergleichsangebot" annahmen. Es vermehren sich die Beschwerden über
anwaltliche, komplett auf Textbausteinen basierende und ohne individuelle
Überprüfung ausgesprochene "Massenabmahnungen" mit Forderungen von
durchschnittlich 700 Euro. Nach den statistischen Erhebungen des Vereins gegen
den Abmahnwahn e.V. im Jahr 2011 sind über 218 000 Abmahnungen mit einem
Gesamtforderungsvolumen von über 165 Millionen Euro versandt worden bei einer
durchschnittlichen Zahlerquote von knapp 40 Prozent.
Daher wird im Gerichtskostengesetz eine neue Wertvorschrift für bestimmte
Urheberrechtsstreitsachen mit klar bestimmbaren Tatbestandsmerkmalen
eingeführt. Die Gebühren für die erste Abmahnung sind bei privat handelnden
Nutzern stark begrenzt (jetzt 155,30 Euro nach Regelgebühr).
Zudem werden besondere inhaltliche Anforderungen für Abmahnungen festgelegt,
die die Transparenz erhöhen sollen. Für den Empfänger der Abmahnung soll immer
klar und eindeutig erkennbar sein, wessen Rechte er wodurch verletzt haben
soll, wie sich geltend gemachte Zahlungsansprüche zusammensetzen und welche
Zahlungen im Einzelnen von ihm verlangt werden. Er wird hierdurch besser in die
Lage versetzt, zu erkennen, inwieweit die Abmahnung berechtigt ist, oder nicht.
Außerdem wird - ebenso wie für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen - durch
Einführung eines Gegenanspruchs die Position des Abgemahnten gegenüber einem
missbräuchlich Abmahnenden gestärkt. Nur in besonderen Ausnahmefällen kann von
diesem Wert abgewichen werden. Dazu bedarf es einer Darlegung, weshalb der
Regelstreitwert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig wäre.
Die Darlegungs- und Beweislast für diese besonderen Umstände trägt in aller
Regel der Kläger.
Inkasso
Von nun an sieht jeder Schuldner sofort, für wen das Inkassounternehmen
arbeitet, worauf die geltend gemachte Forderung beruht und wie sich die
Inkassokosten berechnen. Eine einfache und transparente
Kostenerstattungsregelung soll verhindern, dass Verbraucherinnen und
Verbraucher überzogene Inkassokosten zahlen. Derzeit gibt es keine klare
Regelung, bis zu welcher Höhe Inkassokosten geltend gemacht werden können. Mit
der Einführung von Inkasso-Regelsätzen kann jeder Verbraucher sofort erkennen,
bis zu welcher Höhe Inkassokosten regelmäßig erstattungsfähig sind. Eine faire,
dem tatsächlichen Aufwand angemessene Staffelung der Kosten nimmt unseriösen
Geschäftemachern den Anreiz.
Die Inkassobranche unterliegt künftig zudem einer strengeren Aufsicht. Schon heute
benötigen Inkassounternehmen eine Registrierung. Damit unseriöse Unternehmen
schneller vom Markt verschwinden, sollen die Widerrufsmöglichkeiten für die
Registrierung erweitert werden. Neue Bußgeldtatbestände und die Anhebung des
Höchstsatzes von 5.000 auf 50.000 Euro stärken die Sanktionsmöglichkeiten gegen
unseriöse Unternehmen im In- und Ausland.
Telefonwerbung
Telefonwerbung kann künftig nicht nur mit einer Geldbuße geahndet werden, wenn
eine natürliche Person den Anruf tätigt. Für automatische Anrufmaschinen
bestand bislang eine Gesetzeslücke, die nun geschlossen werden wird. Aufgrund
einer Umfrage ist deutlich geworden, dass es im Bereich der Anrufe im
Gewinnspielbereich besonders gravierende Probleme gab. Mit dem Gesetzentwurf
ist eine Gewinnspielabrede künftig nur wirksam, wenn sie in Textform
abgeschlossen wird. Zudem wird die Bußgeldobergrenze bei dem bereits
bestehenden Bußgeldtatbestand im Fall unerlaubter, ohne den Einsatz einer
automatischen Anrufmaschine erfolgender Werbeanrufe deutlich erhöht.
Unlauterer Wettbewerb
Auch Abmahnungen im Wettbewerbsrecht werden begrenzt. Durch die in dem Entwurf
enthaltenen Regelungen werden finanzielle Anreize für Abmahnungen deutlich
verringert und die Position des Abgemahnten gegenüber einem missbräuchlich
Abmahnenden gestärkt. Dadurch soll die Zahl der Abmahnungen abnehmen, die
weniger im Interesse eines lauteren Wettbewerbs als zur Gebührenerzielung
ausgesprochen werden.
Das geltende Recht sieht im Wettbewerbsrecht zudem einen "fliegenden
Gerichtsstand" vor. Danach ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die
Verletzungshandlung begangen wurde. Wird die Verletzungshandlung im Internet
begangen, kann sich der Kläger aus mehreren Gerichten das für ihn vermeintlich
günstigste Gericht aussuchen. Daher soll der "fliegende
Gerichtsstand" künftig nur noch in Ausnahmefällen Anwendung finden.
Quelle: BMJ
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