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GESUNDHEIT | Medienspiegel & Presse |
Plötzliches Herzrasen, Atemnot, Schweißausbrüche – eine Panikattacke trifft unerwartet und mit voller Wucht. Was steckt hinter diesen beängstigenden Symptomen? Erfahren Sie, wie der Körper in Alarmbereitschaft gerät, welche Ursachen Panikattacken haben und warum nicht jeder Anfall auf eine Erkrankung hinweist.
Herzrasen, Atemnot, Schweißausbrüche – eine Panikattacke kann für Betroffene wie ein überwältigender Sturm wirken. Obwohl die Symptome intensiv und beängstigend sind, deuten sie nicht immer auf eine schwere Erkrankung hin. Tatsächlich erleben rund 30 Prozent der Menschen in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben eine Panikattacke, berichtet Professor Dr. Andreas Ströhle, Leiter der Angstambulanz der Berliner Charité. Solche Attacken, die oft plötzlich auftreten und rasch wieder abklingen, sind Ausdruck eines uralten biologischen Mechanismus, der den Körper in höchste Alarmbereitschaft versetzt.
Panikattacken sind häufiger, als man vermutet, und werden immer häufiger diagnostiziert. Laut Krankenkassen, wie der DAK Gesundheit, sind die Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen, darunter Depressionen und Angststörungen, im ersten Halbjahr 2024 signifikant angestiegen. Auch die IKK Krankenkasse meldet einen drastischen Anstieg von mehr als 37 Prozent bei Versicherten, die unter Angststörungen leiden. Doch was passiert eigentlich im Körper während einer Panikattacke, und wie lässt sich dieses Phänomen erklären?
„Man kann sich eine Panikattacke wie eine Fehlfunktion einer Alarmanlage vorstellen“, erklärt Professor Ströhle. „Der Körper reagiert auf einen vermeintlichen Reiz, der keine wirkliche Bedrohung darstellt.“ Der Körper setzt uralte Überlebensmechanismen in Gang, die tief im Hirnstamm verankert sind. Diese Bereiche des Gehirns sind für die Regulation von Atmung, Kreislauf und der Herzfrequenz verantwortlich. Sobald der Alarm ausgelöst wird, bereitet der Körper sich auf Kampf oder Flucht vor, auch wenn keine reale Gefahr vorhanden ist.
Während einer Panikattacke beschleunigt sich der Herzschlag, die Atmung wird flach, und der Körper beginnt, stark zu schwitzen. Diese körperlichen Reaktionen dienen dazu, den Körper auf eine potenziell lebensbedrohliche Situation vorzubereiten. „Es ist ein evolutionäres Überbleibsel“, so Ströhle. „Die erhöhte Durchblutung der Muskulatur soll uns helfen, in Gefahrensituationen schnell zu handeln – sei es durch Flucht oder Verteidigung.“ In der modernen Welt, in der diese unmittelbaren Bedrohungen selten sind, wird dieser Mechanismus jedoch oft grundlos aktiviert.
Die Symptome einer Panikattacke sind vielfältig. Atemnot, Hyperventilation, Zittern und ein starkes Gefühl der Unruhe sind häufige Begleiterscheinungen. Manche Betroffene verspüren ein starkes Beklemmungsgefühl, das von der Angst begleitet wird, die Kontrolle zu verlieren, verrückt zu werden oder sogar zu sterben. „Es kann sich anfühlen, als ob der Körper völlig außer Kontrolle gerät“, beschreibt Ströhle. Doch nicht jede Panikattacke ist gleich, und nicht immer liegt eine ernsthafte psychische Erkrankung zugrunde.
Panikattacken können aus verschiedenen Gründen auftreten. Häufig sind psychische und körperliche Belastungen, Lebensereignisse oder sogar der Konsum von Alkohol und Drogen Auslöser für einen Anfall. Auch Stress, Schlafmangel und übermäßiger Kaffeekonsum können Panikattacken begünstigen. In manchen Fällen reicht die bloße Vorstellung einer bestimmten Situation, wie etwa die Konfrontation mit einer Spinne oder Schlange, um eine Panikattacke auszulösen. Diese situativen Anfälle treten oft in Verbindung mit Phobien auf.
Es ist wichtig, zwischen einer einmaligen Panikattacke und einer Panikstörung zu unterscheiden. Panikattacken können auch bei gesunden Menschen auftreten, etwa in Extremsituationen oder bei großer emotionaler Belastung. Eine Panikstörung hingegen ist eine ernsthafte Erkrankung, bei der Betroffene immer wieder unerwartete Attacken erleben. Dies führt oft zu einer Angst vor der Angst – einer Art Teufelskreis, in dem die Furcht vor der nächsten Attacke den Alltag der Betroffenen stark einschränkt. Viele ziehen sich aus dem sozialen Leben zurück und vermeiden Situationen, die sie mit ihren Panikattacken in Verbindung bringen.
Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) gibt an, dass etwa zwei Prozent der Bevölkerung an Panikstörungen leiden. Allerdings stammen die jüngsten Daten aus dem Jahr 2014, und Experten wie Ströhle gehen davon aus, dass die Dunkelziffer höher sein könnte. Panikstörungen lassen sich jedoch gut behandeln. Ströhle betont, dass Psychotherapien, insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie, sowie in manchen Fällen die Gabe von Antidepressiva sehr wirksam sind. Viele Betroffene können nach einer erfolgreichen Behandlung wieder ein normales Leben führen.
Der heutige Welttag der seelischen Gesundheit erinnert daran, wie wichtig es ist, psychische Erkrankungen wie Panikattacken und Panikstörungen ernst zu nehmen. Sie sind keine Zeichen von Schwäche, sondern Ausdruck eines biologischen Mechanismus, der fehlinterpretiert wird. Aufklärung, Akzeptanz und frühzeitige Behandlung können Betroffenen helfen, den Teufelskreis der Angst zu durchbrechen und zu einem normalen Alltag zurückzufinden.
Panikattacken sind eine der quälendsten Erfahrungen, die ein Mensch durchleben kann. Der Körper spielt verrückt, und die Kontrolle scheint zu entgleiten. Doch was vielen nicht bewusst ist: Panikattacken sind ein tief in uns verankerter Mechanismus, der einst unser Überleben sicherte. In der modernen Welt jedoch wird dieser Alarm oft unnötig ausgelöst – ohne reale Bedrohung.
Das eigentliche Problem ist jedoch nicht der einzelne Anfall. Es ist die Angst vor der nächsten Attacke, die viele Menschen in ihrem Alltag einschränkt. Panikattacken und Panikstörungen sind echte und ernsthafte Erkrankungen, die einer professionellen Behandlung bedürfen. Die Tatsache, dass so viele Menschen darunter leiden, zeigt, dass wir als Gesellschaft noch immer nicht genug tun, um psychische Gesundheit zu enttabuisieren.
Aufklärung ist der Schlüssel. Betroffene müssen wissen, dass sie nicht allein sind und dass es wirksame Therapien gibt. Doch ebenso wichtig ist es, dass wir als Gesellschaft das Stigma rund um psychische Erkrankungen beseitigen. Denn nur so kann der Teufelskreis der Panik durchbrochen werden – für ein Leben ohne Angst vor der Angst.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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