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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Der Deutsche Apothekertag, einst ein Ort des offenen Dialogs und der Meinungsbildung, steht zunehmend in der Kritik. Viele Delegierte fühlen sich nicht ausreichend gehört, während wichtige Themen wie Medikamentenengpässe und politische Reformen nur moderat diskutiert werden.
Der Deutsche Apothekertag, einst als zentrale Plattform der Meinungsäußerung und Interessenvertretung der deutschen Apotheker bekannt, scheint immer mehr seinen Biss zu verlieren. Anstatt als Ort des lebhaften Austauschs und der offenen Kritik zu dienen, wird die Veranstaltung von Jahr zu Jahr ruhiger. Viele Apotheker beklagen, dass der Tag zu einer bloßen Zusammenkunft Gleichgesinnter geworden ist – geprägt von höflichen Worten und wenig sichtbarem Protest gegen die Herausforderungen, mit denen sie tagtäglich konfrontiert sind.
Ein zentrales Thema, das für Aufruhr sorgt, ist der Umgang mit Meinungen aus der Basis. Viele Apotheker fühlen sich nicht ausreichend gehört, wenn es um die drängendsten Themen des Berufsstands geht. Insbesondere die Kritik an der Gesundheitspolitik von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bleibt vielerorts ungehört. Delegierte monieren, dass kritische Stimmen in kleinen Arbeitsgruppen versickern und es kaum zu einer sichtbaren Auseinandersetzung auf großer Bühne kommt. Dabei wäre gerade jetzt der Moment, um lautstark auf die zunehmenden Probleme hinzuweisen: Fachkräftemangel, wirtschaftlicher Druck und immer wieder auftretende Lieferengpässe bei Medikamenten, die die tägliche Arbeit der Apotheken erheblich erschweren.
Besonders brisant bleibt der aktuelle Engpass bei der Kochsalzlösung, einem grundlegend wichtigen Arzneimittel, das in der medizinischen Versorgung unerlässlich ist. Apotheker warnen bereits seit Monaten vor der drohenden Knappheit. Doch trotz dieser eindringlichen Warnungen gibt es keine nachhaltige Lösung. Weder Politik noch Lieferanten können erklären, warum solch ein essenzielles Produkt regelmäßig knapp wird. Die Folge sind Unsicherheiten in der Patientenversorgung – ein untragbarer Zustand, den die Apothekerschaft nicht länger hinnehmen möchte.
Auf dem Apothekertag war die Enttäuschung spürbar, doch von einem kollektiven Aufstand war wenig zu sehen. Es fehlten klare Protestaktionen oder symbolische Zeichen, um den Unmut der Apotheker gegenüber den politischen Entscheidungsträgern sichtbar zu machen. Einige forderten sogar, in den traditionellen weißen Kitteln aufzutreten, um die symbolische Bedeutung des Berufsstands und den Protest gegenüber der Regierung zu unterstreichen. Doch auch diese Forderung verhallte weitgehend ohne Reaktion.
Die Diskussionen verliefen moderat, der Unmut wurde kaum nach außen getragen. Viele Teilnehmer prognostizieren daher, dass die Reformpläne von Karl Lauterbach, auch wenn sie auf Widerstand stoßen, letztendlich durchgewunken werden. Der schleichende Verlust an Einfluss und Protestbereitschaft innerhalb der Apothekerschaft scheint unaufhaltsam.
Der Deutsche Apothekertag hat sich über die Jahre gewandelt – und das leider nicht zum Vorteil der Apothekerschaft. Was früher eine lebhafte und streitbare Veranstaltung war, bei der die drängendsten Probleme der Branche auf den Tisch kamen, wirkt heute wie eine routinierte Pflichtübung ohne große Ecken und Kanten. Statt lauter Proteste und klarer Forderungen hört man vor allem moderate Töne. Man will es sich mit der Politik offensichtlich nicht verscherzen, doch genau das könnte zum größten Problem werden.
Die Apothekerschaft befindet sich in einer prekären Lage. Der wirtschaftliche Druck wächst, die Fachkräftemangel-Problematik spitzt sich zu, und die politischen Rahmenbedingungen verschärfen sich zunehmend. Trotzdem gelingt es nicht, diese drängenden Probleme mit dem nötigen Nachdruck vorzutragen. Warum dieser Zwang zur Mäßigung? Warum scheut man sich vor deutlichen Zeichen des Protests, vor symbolischen Gesten, die zeigen, dass die Apothekerschaft mehr ist als nur ein stiller Erfüllungsgehilfe der Gesundheitspolitik?
Ein besonders schmerzliches Beispiel ist der Engpass bei der Kochsalzlösung. Dieses simple, aber essentielle Medikament sollte in keinem Gesundheitswesen fehlen, und doch sind die Regale leer. Das wäre in anderen Branchen undenkbar – und dort würde wohl der Aufschrei entsprechend laut sein. Aber nicht so bei den Apothekern. Der Engpass wird stillschweigend hingenommen, und die Proteste verhallen ohne große Wirkung. Auch auf dem Apothekertag blieb es ruhig, obwohl die Wut vieler Apotheker über diese Missstände groß ist.
Die Apothekerschaft läuft Gefahr, ihre Stimme zu verlieren. Der Deutsche Apothekertag sollte nicht zu einem Treffen ohne Biss werden, sondern zu einem Ort, an dem die Apotheker lautstark für ihre Rechte und ihre Zukunft eintreten. Wenn das nicht geschieht, wird die Apothekerschaft weiter an Einfluss verlieren – und das in einer Zeit, in der sie ihn dringender denn je benötigt.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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