Für Sie gelesen
Sehr geehrte Ärzte,
hier ist der vollständige Text für Sie:
APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Karl Lauterbach treibt die "Zeitenwende im Gesundheitswesen" voran: Apotheker sollen impfen, Ärzte Medikamente verteilen – Chaos programmiert. Während Reformideen wild in die Luft geworfen werden, fragen sich selbst treue Lauterbach-Fans, ob es noch einen Plan gibt. Kittel an und abwarten!
Es ist mal wieder so weit: Karl Lauterbach, der selbsternannte Architekt des neuen Gesundheitswesens, hat die Blaupause für die Apothekenrevolution gezeichnet. Diesmal wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Apotheker sollen künftig impfen, und Ärzte dürfen endlich das tun, was sie schon immer insgeheim wollten – Medikamente wie Smarties verteilen. Manchmal fragt man sich, ob hier der Plan für eine Comedy-Show geschrieben wurde oder ob das wirklich ernst gemeint ist. Aber nein, Lauterbach ist entschlossen. Die Zeitenwende im Gesundheitswesen muss her, koste es, was es wolle – und das sind hauptsächlich Nerven.
Die Apotheker haben zwar bereits genug damit zu tun, sich mit Lieferengpässen, Retaxationen und den Mysterien verschwundener E-Rezepte auseinanderzusetzen. Aber wer braucht schon Freizeit, wenn man auch noch abends bis in die Puppen hinein impfen kann? Wer das Blutdruckmessen als Apotheker bislang für eine nette, kleine Zusatzleistung hielt, wird sich bald wünschen, eine Handvoll Aspirin neben dem Impfzubehör bereitliegen zu haben – für sich selbst, versteht sich. Man impft ja nicht nur gegen Grippe, sondern gleichzeitig auch gegen Langeweile. Und sollte die Impferei einmal ins Stocken geraten, gibt es sicher noch irgendwo ein paar Cholesterinwerte, die dringend überprüft werden müssen.
Aber Moment, nicht nur die Apotheker haben ihr Päckchen zu tragen. Die Ärzte dürfen ab sofort Medikamente aushändigen – zu jeder Tages- und Nachtzeit. Die Notdienstapotheke? Ach, die war gestern. Wer braucht schon Apotheken, wenn ein Arzt im Halbschlaf problemlos ein Schmerzmittel über die Theke schieben kann? Der Gedanke, dass ein übermüdeter Mediziner mitten in der Nacht zwischen Skalpell und Schlaftablette wählen muss, lässt die Gesundheitsreform direkt in einem ganz neuen Licht erstrahlen. Vielleicht gibt’s bald eine App, die den Arzt daran erinnert, was nochmal in einer Packung Paracetamol steckt.
Lauterbachs Idee der Zeitenwende im Gesundheitswesen scheint in etwa so gut durchdacht zu sein wie der Versuch, ein Ikea-Regal ohne Anleitung zusammenzubauen. Es werden Teile zusammengeworfen, die auf den ersten Blick irgendwie passen könnten, aber am Ende bleibt der schale Verdacht, dass der ursprüngliche Plan nie wirklich existiert hat. Hauptsache, es sieht am Ende irgendwie nach Reform aus.
Und während die Apotheken sich mit neuen Herausforderungen herumschlagen, plant die Versandapotheken-Industrie schon den nächsten großen Coup: Das E-Rezept. Auch wenn die Zahlen derzeit eher den Eindruck erwecken, als hätte man versucht, mit einer Gießkanne den Ozean zu füllen, lässt sich mit genügend Werbebudget doch noch der eine oder andere Online-Kunde überzeugen. Besonders hilfreich dabei ist, dass Günther Jauch im Fernsehen überzeugend lächelnd erklärt, wie einfach das doch alles ist. Man fragt sich, wie viele Werbespots es wohl noch braucht, bis selbst der Letzte davon überzeugt ist, dass das E-Rezept tatsächlich existiert.
Selbst hartgesottene SPDler wissen nicht mehr, ob sie den Kurs der Gesundheitspolitik noch so richtig verstehen. Als Dagmar Schmidt, die Vize-Chefin der SPD-Fraktion, kürzlich zu einer Diskussionsrunde über die Apothekenreform lud, hätte sie wohl genauso gut einen Stammtisch organisieren können. Neue Erkenntnisse? Fehlanzeige. Stattdessen wurde munter über Vorhaltepauschalen und PTA-Vertretungen philosophiert, als wären diese Themen das Salz in der Suppe einer jeden gelungenen Reform. Man könnte fast meinen, Schmidt habe sich vorgenommen, eine besonders gute Folge von "Politik für Dummies" zu präsentieren.
Aber keine Sorge, die Abda hat einen Plan. In einem Akt des symbolischen Widerstands werden auf dem Deutschen Apothekertag diesmal Kittel getragen. Ja, richtig gelesen: Kittel. Man könnte meinen, sie planen eine modische Protestaktion, die ein Zeichen setzen soll – vielleicht gegen die Unordnung in den Schränken oder das Chaos der Reformideen. Sollte dieser Schritt nicht ausreichen, wird schon überlegt, die Kittel demnächst auch auf die Straße zu bringen. Man will ja schließlich zeigen, dass man den Ernst der Lage erkannt hat – modisch und politisch gleichermaßen.
Und während sich die Apotheken in ihren Kitteln ein bisschen Revolutionsträumen hingeben, weht in Hessen bereits der Wind des Aufbruchs. Eine neue Liste kandidiert bei der Kammerwahl im November und will frischen Wind in die Apothekerschaft bringen. „Ein Weiter so darf es nicht geben“, lautet das Motto. Manchmal hat man das Gefühl, dass dieser Satz zur neuen Hymne der gesamten Branche geworden ist. Alles muss anders werden, aber wie genau, das wissen wir dann auch noch nicht so recht.
Also, schnallen Sie sich an. Es könnte eine holprige Fahrt werden. Denn in der Zeitenwende des Gesundheitswesens bleibt garantiert kein Stein auf dem anderen – dafür sorgt schon Karl Lauterbach. Und während der Rest der Republik verzweifelt versucht, zu verstehen, wo das alles hinführen soll, bleibt uns nur eines: Abwarten und Kittel tragen.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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