• 01.09.2024 – Apotheken-News: Reformen, Risiken und Widerstand

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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Apotheken-News: Reformen, Risiken und Widerstand

 

Eine eingehende Betrachtung der Apothekenreformen, der Rentenlügen, finanzieller Fallstricke für Senioren und der digitalen Transformation im Gesundheitswesen

In den letzten Wochen hat sich in Deutschland einiges getan: Von hitzigen Protesten in Sachsen und Thüringen gegen die geplante Apothekenreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bis hin zu einem richtungsweisenden Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts zur Haftung bei Schäden auf Autozügen. Auch der Mythos der ausreichenden Rentenbezüge wird kritisch hinterfragt, während Banken Senioren zunehmend riskante Finanzprodukte als sichere Anlagen verkaufen. Zudem stehen Apotheker vor der Herausforderung der digitalen Umstellung auf das Cardlink-Verfahren und der möglichen Einführung von Gesundheitskiosken zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung. Die ABDA begrüßt eine erweiterte Präventionsrolle der Apotheken, während der Deutsche Apothekertag ab 2025 seine verbindliche Entscheidungsbefugnis verliert. In der Onkologie bringt die Marktveränderung bei Zytostatika neue Herausforderungen mit sich, und Diuretika bleiben ein essenzielles Werkzeug in der medizinischen Behandlung. Erfahren Sie, wie diese Entwicklungen die verschiedenen Bereiche der Gesundheitsversorgung und Finanzwelt prägen.


In den letzten Wochen haben sich in Deutschland mehrere bedeutende Entwicklungen überschlagen, die sowohl die Gesundheitsversorgung als auch die finanzielle Sicherheit und Rechtsprechung betreffen. Ein zentrales Thema ist die wachsende Unzufriedenheit mit den geplanten Reformen im Apothekensektor. Die Proteste, die am 31. August 2024 in Erfurt und Dresden stattfanden, zeigten ein deutliches Bild des Widerstands der Bevölkerung und der Apothekerschaft gegen die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach vorgeschlagene Apothekenreform. Die Demonstrationen, an denen sich mehrere Tausend Teilnehmer beteiligten, erhielten prominente Unterstützung von Lokalpolitikern und führenden Apothekern, was die Bedeutung der Proteste unterstrich. Thüringens Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, Heike Werner, lobte die Wirkung der Proteste und betonte, dass das Gesetz noch nicht im Bundeskabinett behandelt worden sei, was als Erfolg der Demonstranten gewertet wird.

Gleichzeitig sorgte ein Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts für Aufsehen. Am 31. Juli 2024 entschied das Gericht, dass Kfz-Versicherer für Schäden haften müssen, die während des Transports auf einem Autozug entstehen. Diese Entscheidung betrifft insbesondere Schäden an Fahrzeugen, die auf dem Sylt-Shuttle transportiert werden. Das Urteil könnte weitreichende Konsequenzen für die Haftungspraxis im Bereich des Autozugtransports haben und stellt einen wichtigen Präzedenzfall für zukünftige Haftungsfragen dar.

In der Finanzwelt sorgte der Umgang mit Rentenbezügen für Diskussionen. Die weit verbreitete Vorstellung, dass Renten früher ausreichend für eine sorgenfreie Altersvorsorge waren, erweist sich zunehmend als Fehleinschätzung. Historische Daten und aktuelle Statistiken zeigen, dass auch frühere Generationen mit den Rentenbezügen nicht immer gut auskommen konnten. Diese Erkenntnisse werfen Fragen zur Nachhaltigkeit der Rentensysteme auf und könnten wichtige Impulse für die notwendige Reform der Altersvorsorge geben.

Zusätzlich zeigt sich ein besorgniserregender Trend bei der Vermarktung von Finanzprodukten. Banken und Sparkassen bieten zunehmend riskante Zertifikate als vermeintlich sichere Geldanlagen für Senioren an. Diese Finanzprodukte, die in erster Linie für erfahrene Anleger gedacht sind, werden nun auch an ältere Menschen verkauft, die nach stabilen und risikoarmen Investitionen suchen. Diese Praxis wirft erhebliche Fragen zur Transparenz und zum Schutz älterer Anleger auf.

Im Apothekenbereich spielen pauschale Betriebsausgaben eine bedeutende Rolle. Apotheker können durch die gezielte Nutzung solcher Pauschalen steuerliche Vorteile erzielen. Diese Möglichkeit zur Reduzierung der Steuerlast ist besonders attraktiv, da sie den Verwaltungsaufwand minimiert und gleichzeitig die Steuerlast erheblich senken kann. Apotheker können diese Pauschalen nicht nur für das laufende Jahr, sondern auch rückwirkend für das Jahr 2023 beanspruchen.

Der Markt für Zytostatika, insbesondere die Herstellung von Parenteralia, befindet sich derzeit im Umbruch. Zentralisierte und spezialisierte Versorgungseinheiten verändern die ökonomische Landschaft der Onkologie und stellen bisherige Marktstrukturen infrage. Zytostatika-herstellende Apotheken, die früher als exklusive Nische galten, sehen sich nun neuen wirtschaftlichen und strukturellen Herausforderungen gegenüber.

Die digitale Transformation macht auch vor den Apotheken nicht halt. Das neue Cardlink-Verfahren, das die Nutzung von Smartphones als Kartenterminal für die Einlösung von E-Rezepten ermöglicht, soll die Verwaltung und Abwicklung von Rezepten vereinfachen und ortsunabhängig gestalten. Diese Technologie könnte einen wichtigen Schritt in Richtung Digitalisierung im Gesundheitswesen darstellen.

In der Gesundheitsversorgung wird auch das Modell der Gesundheitskioske neu bewertet. Ursprünglich aus dem Entwurf des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes entfernt, fordert der Bundesrat die Wiederaufnahme des Konzepts in modifizierter Form. Gesundheitsminister Karl Lauterbach zeigt sich offen gegenüber der Idee, die als potenzieller Fortschritt zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung angesehen wird.

Die ABDA (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände) unterstützt die geplante Erweiterung der Präventionsrolle der Apotheken. Die ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening begrüßte die Absicht der Bundesregierung, die pharmazeutischen Kompetenzen von Apothekern umfassender in der Prävention zu nutzen. Gleichzeitig wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Vergütung und die klaren Zuständigkeiten für diese erweiterten Aufgaben noch geregelt werden müssen.

Ein wichtiger Wandel steht auch dem Deutschen Apothekertag bevor. Ab 2025 wird die Hauptversammlung des Apothekertages nicht mehr in der Lage sein, verbindliche Beschlüsse zu fassen. Diese Entscheidung resultiert aus einer Satzungsänderung, die im Rahmen einer Strukturreform umgesetzt wurde und die Rolle des Apothekertages erheblich verändert.

Abschließend bleibt die Problematik der Lieferengpässe bei Arzneimitteln bestehen. Trotz des eingeführten Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetzes (ALBVVG) gibt es nur geringe Fortschritte bei der Behebung dieser Engpässe, die seit Jahren eine bedeutende Herausforderung im deutschen Gesundheitswesen darstellen.


Kommentar:

Die aktuellen Entwicklungen in Deutschland offenbaren die Herausforderungen und Dynamiken, die sowohl den Gesundheits- als auch den Finanzsektor prägen. Die breite Protestwelle gegen Lauterbachs Apothekenreform zeigt eindrucksvoll, wie stark gesetzliche Änderungen auf lokale Strukturen wirken können und welche politische und gesellschaftliche Resonanz solche Reformen hervorrufen. Die Tatsache, dass das Apothekerparlament künftig keine verbindlichen Beschlüsse mehr fassen kann, und die Unterstützung der lokalen Apotheken durch die Politik, verdeutlichen die wachsende Bedeutung und den Einfluss der regionalen Interessenvertretungen.

Das Urteil zum Autozug und die Diskussion um die Rentenbezüge stellen wichtige Weichen für die Zukunft. Das Autozug-Urteil schafft Klarheit in der Haftungsfrage und könnte prägend für künftige Fälle sein. Gleichzeitig werfen die neuen Erkenntnisse zu Rentenbezügen einen kritischen Blick auf die Nachhaltigkeit unserer Altersvorsorgesysteme und betonen die Notwendigkeit einer umfassenden Reform.

Die Problematik der riskanten Finanzprodukte für Senioren und die Transparenz in der Finanzberatung werfen Fragen zum Schutz älterer Menschen auf und erfordern möglicherweise regulatorische Anpassungen. Gleichzeitig nutzen Apotheker die Möglichkeit der pauschalen Betriebsausgaben, um steuerliche Vorteile zu erzielen, was die finanzielle Planung für Apotheken erleichtert und unterstützt.

Die Veränderungen im Zytostatika-Markt und die Einführung des Cardlink-Verfahrens zeigen, wie Innovation und Zentralisierung bestehende Strukturen herausfordern und neue Möglichkeiten schaffen. Das Gesundheitskiosk-Modell und die Erweiterung der Präventionsrolle der Apotheken sind vielversprechende Ansätze zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung, bedürfen jedoch einer sorgfältigen Umsetzung und Finanzierung.

Die anhaltenden Lieferengpässe im Arzneimittelbereich bleiben ein drängendes Problem, das trotz gesetzlicher Initiativen nur langsam gelöst wird. Insgesamt ist es offensichtlich, dass die Anpassung an neue Rahmenbedingungen, sei es im Bereich der Apotheken, der Renten oder der Gesundheitsversorgung, kontinuierliche Anstrengungen und innovative Lösungen erfordert. Die kommenden Monate werden zeigen, wie effektiv die verschiedenen Akteure in Deutschland auf diese Herausforderungen reagieren werden.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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