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FINANZEN | Steuer & Recht |
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil die Voraussetzungen für die Haftung eines Grundstücksverkäufers wegen Altlasten bzw. eines Altlastenverdachts präzisiert. In dem konkreten Fall ging es um eine ehemalige Kiesgrube, die im Innenhof eines Wohngebäudes gefunden wurde und mit Schadstoffen belastet ist.
Eine Gemeinschaft von Wohnungseigentümern hatte gegen ein Immobilienunternehmen geklagt, das ursprünglich im Besitz der Wohnanlage war. Das Unternehmen hatte das Grundstück im Jahr 2012 in Wohnungseigentum aufgeteilt und mit dem Verkauf der Einheiten begonnen. Bei Untersuchungen der Böden im Innenhof und den Außenflächen der Anlage wurde die ehemalige Kiesgrube mit unterschiedlichen Schadstoffbelastungen festgestellt.
Das Immobilienunternehmen stoppte daraufhin den Verkauf vorübergehend und informierte die Stadt München. Untersuchungen ergaben Belastungen mit Schadstoffen wie Benzoapyren (BaP). Es wurde ein Bodenaustausch im Innenhof vorgeschlagen, während auf einen Austausch des tieferen Bodens aufgrund der geplanten Tiefgarage verzichtet wurde. Maßnahmen im südlichen Außenbereich wurden als nicht erforderlich erachtet.
Ab Ende Mai 2013 setzte das Immobilienunternehmen den Verkauf fort und wies in den Kaufverträgen auf die Altlastenauskunft der Stadt München hin. Es verpflichtete sich zur Durchführung der vorgeschlagenen Sicherungsmaßnahmen im Innenhof, schloss jedoch die Haftung für eine Altlastenfreiheit außerhalb des Innenhofs aus.
Das Landgericht gab der Klage teilweise statt, und das Oberlandesgericht verurteilte das Immobilienunternehmen zur Beseitigung der Altlasten im Innenhof und südlichen Außenbereich, sofern der Wert von 0,5 mg/kg BaP überschritten wurde. Das Immobilienunternehmen legte Revision ein, und der BGH hob das Urteil auf. Die Sache wurde an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Der BGH bestätigte, dass das Vorhandensein einer aufgefüllten Kiesgrube und eines Altlastenverdachts einen Mangel des Grundstücks darstellen kann. Allerdings umfasse die Nachbesserungspflicht des Immobilienunternehmens zunächst nur die Ausräumung des Verdachts durch Aufklärungsmaßnahmen. Die Sanierung des Grundstücks könne erst verlangt werden, wenn sich der Verdacht bestätige und tatsächliche Bodenbelastungen in einem Umfang vorliegen, der eine Sanierung rechtfertigt. Der BGH stellte fest, dass aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht von einer solchen Belastung ausgegangen werden könne.
Das Urteil des BGH präzisiert die Voraussetzungen für die Haftung eines Grundstücksverkäufers wegen Altlasten oder eines Altlastenverdachts. Es verdeutlicht, dass die Nachbesserungspflicht des Verkäufers zunächst darauf abzielt, den Verdacht durch Aufklärungsmaßnahmen auszuräumen. Eine umfassende Sanierung kann erst verlangt werden, wenn sich der Verdacht bestätigt und tatsächliche Bodenbelastungen in einem relevanten Umfang vorliegen. Das Urteil schützt Verkäufer vor übertriebenen Sanierungsansprüchen, solange keine konkreten Belastungen nachgewiesen sind. Es stellt sicher, dass Verkäufer nicht unnötig hohe Kosten für die Sanierung von Altlasten tragen müssen, wenn diese letztendlich nicht vorhanden oder nicht relevant sind. Gleichzeitig gibt es den Käufern die Möglichkeit, bei tatsächlichen Altlasten angemessene Maßnahmen zur Beseitigung zu fordern. Das Urteil schafft damit Klarheit und einen Ausgleich zwischen den Interessen der Verkäufer und Käufer von Grundstücken im Hinblick auf Altlastenproblematiken.
BGH, Urteil vom 11.11.2022 – V ZR 213/21
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