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Steuer & Recht |
Am 16. August 2022 ist in den USA der „Inflation Reduction Act“ (IRA) in Kraft getreten. Das amerikanische Klimaschutzpaket hat Sorgen um ein neues Subventionswettrennen sowie eine Debatte über die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union ausgelöst – gerade auch angesichts der hohen Energiepreise in Europa. Gleichzeitig droht ein Handelskonflikt mit den Vereinigten Staaten, da Teile des IRA ausländische Unternehmen von Vergünstigungen ausschließen. Wie sollte die EU gegenüber den USA reagieren? Wie kann sich Europa im globalen Wettbewerb um Investitionen etwa im Energie- und Technologiebereich attraktiver machen – und zwar ohne Abschottung und ohne Verzicht auf die Haushaltsdisziplin? Für die deutsche Wirtschaft sind diese Richtungsentscheidungen immens wichtig.
Der IRA beinhaltet klimarelevante Steuervergünstigungen von rund 369 Milliarden US-Dollar, die Unternehmen mit Produktion in Nordamerika beanspruchen können. Diese Produktionspflichten in den USA oder in mit ihnen verbundenen Nachbarländern führen zu Wettbewerbsverzerrungen gegenüber Unternehmen, die in Europa produzieren – etwa in der Automobil- oder Batteriefertigung. Da in diesen Branchen umfangreiche Zuliefererstrukturen mit vielen Arbeitsplätzen bestehen, hätten Produktionsverlagerungen in die USA erhebliche Auswirkungen auf den Industriestandort Deutschland.
In einer aktuellen AHK-Umfrage geben 17 Prozent der in den USA vertretenen deutschen Unternehmen den IRA als einen Grund dafür an, ihre Investitionen auszuweiten. Immerhin sind die USA der wichtigste Exportmarkt der deutschen Wirtschaft. Nach dem IRA-Vorbild der Amerikaner können nun andere Staaten durch Steueranreize für die lokale Produktion den globalen Standortwettbewerb anheizen. Solche Lokalisierungspflichten verstoßen allerdings gegen die Handelsregeln der Welthandelsorganisation WTO.
Die EU sollte sich daher energisch gegenüber den USA dafür einsetzen, dass europäische Unternehmen in IRA-Fragen der heimischen Wirtschaft gleichgestellt werden. Zudem würde ein transatlantisches Abkommen über gegenseitige Anerkennung von klar definierten “Clean-Tech”-Produkten für die Unternehmen Hürden abbauen und den Handel im Bereich der erneuerbaren Energien sowie anderer Klimaschutz-Technologien erleichtern. Zudem muss sich die Europäische Union konsequent gemeinsam mit weiteren Ländern für bessere Welthandelsregeln im Fall von Industriesubventionen einsetzen.
Auch in der EU fordern Politiker – analog zu den USA – Vorgaben für die Produktion in der EU und damit verbundene Subventionen sowie die Abschottung des europäischen Beschaffungsmarktes gegen Konkurrenz aus Drittländern. So verständlich eine solche Reaktion auch ist, bei näherer Betrachtung wird klar: Der international eng vernetzten deutschen Wirtschaft würden solche Protektionismus-Spiralen schaden – erst recht angesichts der geopolitischen Lage, die eine Diversifizierung und die Absicherung von Lieferketten erfordert. Hierfür sollte die EU mit wichtigen Handels- und Rohstoffpartnern wie Mercosur, Indien und Indonesien Handelsabkommen abschließen. Diese eröffnen neue Marktchancen und zusätzliche Bezugsquellen für knappe Rohstoffe, die für die Energiewende im rohstoffarmen Deutschland unerlässlich sind.
Der IRA bietet einen Anlass dafür, die europäische Wirtschaftspolitik auf den Prüfstand zu stellen. Mit der Lissabon-Strategie hat die EU bereits vor 20 Jahren selbst das Ziel formuliert, zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt zu werden. Nun ist es höchste Zeit für eine neue Strategie, damit Europa als innovativer Industriestandort weiterhin global bestehen kann. Wichtig dabei ist, Standortfaktoren wie die Stärkung von Bildung und Forschung, einen attraktiven Steuerrahmen sowie eine gute Infrastruktur nicht zu vernachlässigen. Statt zusätzlicher Belastungen durch Aufzeichnungs- und Genehmigungspflichten brauchen die europäischen Unternehmen eine unterstützende Politik. Statt in den globalen Überbietungswettbewerb für Subventionen einzusteigen, zahlen sich zielgenaue Investitionsanreize insbesondere im Energie- und Technologiebereich aus.
Am 1. Februar hat die EU-Kommission einen Industrieplan für den Green Deal vorgelegt, der unter anderem mehr staatliche Unterstützung für den grünen und digitalen Wandel vorsieht. Für die deutsche Wirtschaft ist dieser Plan noch zu vage, und es ist noch nicht erkennbar, wie er konkrete Anreize für schnelles Handeln bieten soll. Klar ist: Die Zeit drängt, und Europa muss für den globalen Wettbewerb einen Gang hochschalten.
Quelle: DIHK
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