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Steuer & Recht |
Deutschland steht vor einem wirtschaftlich herausfordernden Winter. Die hohen Energiepreise kommen zunehmend bei den Verbrauchern an. Die damit verbundenen Kaufkraftverluste belasten die Aussichten für den privaten Konsum und das Weihnachtsgeschäft. Obwohl die Industrie im Durchschnitt bislang vergleichsweise gut mit den gestiegenen Energiepreisen umgehen konnte, sind die Auswirkungen der Energiepreis- krise insbesondere in den energieintensiven Bereichen sichtbar. So lag die Produktion in der chemischen Industrie im Oktober rund 22 % unter dem Vorjahresniveau. Zusätzlich sorgen die unsicheren wirtschaftlichen Perspektiven und steigende Zinsen dafür, dass viele Investitionsprojekte zunächst zurückgestellt werden. Insbesondere am Bau verlief die Entwicklung im letzten Vierteljahr schwach, weil die Finanzierung deutlich teurer geworden ist.
Auch wenn sich die Lage vieler Unternehmen am aktuellen Rand weiter verschlechtert hat, gibt es dennoch Lichtblicke. Das ifo Geschäftsklima hellte sich im November auf breiter Front auf. Grund waren deutlich bessere Geschäftserwartungen. Dazu dürften auch die Beschlüsse der Bundesregierung zur Gas- und Strompreisbremse beigetragen haben, die für Verbraucherinnen und Verbraucher wie auch Unternehmen wie eine „Versicherung“ gegen allzu hohe Preisausschläge bei diesen Energieträgern im Rahmen des subventionierten Basisverbrauchs wirkt.
Auch bei der Inflationsrate gibt es erstmals seit langer Zeit Anzeichen einer Stabilisierung. Zwar blieben die Verbraucherpreise mit einer Veränderungsrate von +10,0 % gegenüber dem Vorjahr auf hohem Niveau. Im Vormonatsvergleich sind die Preise jedoch um 0,5 % gesunken, was vor allem auf eine Beruhigung des Energiepreisanstiegs zurückzuführen ist. Mit dem ersten Rückgang der Erzeugerpreise seit Mai 2020 deutet sich auch auf den vorgelagerten Absatzstufen eine gewisse Entspannung an (Oktober: – 4,2 % ggü. September).
Mit dem Jahreswirtschaftsbericht, der am 25. Januar 2023 veröffentlicht wird, legt die Bundesregierung ihre neue Jahresprojektion zu den wirtschaftlichen Aussichten im kommenden Jahr vor.
Aktuelle Indikatoren zeigen eine insgesamt schwache Entwicklung des globalen Umfeldes. Das Wachstum der weltweiten Industrieproduktion verlangsamte sich im September auf +0,3 %, der Welthandel stagnierte mit einer Veränderungsrate von +0,1 % nahezu. Auch die Stimmungsindikatoren am aktuellen Rand suggerieren eine schwache Entwicklung über den Winter. Der Index von S&P Global (ehemals IHS Markit) lag im November weiter unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Gegenüber dem Vormonat verringerte sich der Indexwert erneut und notierte zuletzt bei 48,0 Punkten. Sowohl im Dienstleistungsbereich als auch im Verarbeitenden Gewerbe waren spürbare Rückgänge zu verzeichnen. Für die kommenden Monate rechnen die Umfrageteilnehmer mit einem anhaltend schwierigen weltwirtschaftlichen Umfeld.
Die nominalen Einfuhren haben sich im Berichtsmonat Oktober gegenüber dem Vormonat deutlich verringert (-3,7 %). Der starke Rückgang dürfte vor allem auf einen Preiseffekt infolge sinkender Gaspreise zurückzuführen sein. Die nominalen Ausfuhren waren im Vormonatsvergleich mit einem Rückgang um 1,3 % ebenfalls niedriger, allerdings weniger ausgeprägt als die Importe.
Nachdem sich der deutsche Außenhandel über den Sommer noch überraschend robust entwickelte, schwächte er sich in den letzten beiden Monaten spürbar ab. Die weltweite konjunkturelle Abkühlung geht auch an Deutschland nicht spurlos vorbei.
Der monatliche Handelsbilanzüberschuss Deutschlands erholt sich langsam wieder. Im Oktober lag er mit 6,8 Mrd. Euro im Plus. Im August war der Überschuss durch die Energiepreiskrise mit +1,0 Mrd. Euro auf ein Rekordtief gefallen. Zum Vergleich: Im Durchschnitt der vergangenen Jahre betrug der monatliche Handelsbilanzüberschuss rund 18 Mrd. Euro.
Der Ausblick für den Außenhandel hat sich leicht aufgehellt, bleibt aber trotzdem verhalten. Die ifo Exporterwartungen konnten im November leicht zulegen. Sie liegen jetzt bei +0,4 Saldenpunkten und damit 5 Saldenpunkte höher als im Vormonat. Außerdem weckt die zunehmende Entspannung der Lieferkettenengpässe Hoffnungen. Containerfrachtraten sind fast auf Vorkrisenniveau gefallen, die Lücke zwischen Auftragseingang und Produktion schließt sich zunehmend und auch in der ifo Umfrage zum Materialmangel gaben weniger Unternehmen an, von Knappheiten in der Beschaffung betroffen zu sein (59 % im November, rund fünf Prozentpunkte weniger als im Vormonat).
Die Produktion im Produzierenden Gewerbe ist im Oktober gegenüber dem Vormonat nahezu unverändert geblieben (-0,1 %). Während der Ausstoß in der Industrie um 0,4 % abnahm, kam es im Baugewerbe zu einem deutlichen Plus von 4,2 %, was auch auf die vergleichsweise milde Witterung zurückgeführt werden kann. Der Bereich Energie verzeichnete einen kräftigen Rückgang um 7,6 %.
In den Industriebranchen kam es überwiegend zu Rückgängen der Produktionstätigkeit. In den beiden gewichtigen Bereichen Kfz und Kfz- Teile sowie Maschinenbau gab es Drosselungen von 2,1 % bzw. 1,5 %. Auch die energieintensiven Wirtschaftszweige haben im Vormonatsvergleich ihren Ausstoß zum Teil deutlich heruntergefahren: Chemische Erzeugnisse -6,8 %, Kokerei und Mineralölverarbeitung -6,1 %, Papier und Pappe -4,9 % sowie Metallerzeugung und -bearbeitung -1,9 %. Glas, Glaswaren und Keramik hingegen verzeichneten zuletzt einen leichten Zuwachs um 2,9 %, nachdem es in den fünf Monaten zuvor zu Rückgängen gekommen war.
Die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe sind im Oktober gegenüber dem Vormonat saisonbereinigt um 0,8 % gestiegen. Damit stabilisierten sich die Bestellungen wieder, nachdem es im August und September zu zwei markanten Rückgängen gekommen war (-2,0 bzw. -2,9 %; aufwärts revidiert). Insgesamt lagen die Bestellungen zuletzt 3,2 % unter dem Niveau des Vorjahresmonats. Das leichte Plus im Vormonatsvergleich ist vor allem auf eine Erholung der Auslandsnachfrage zurückzuführen. Sie lag um 2,5 % über dem Wert des Vormonats. Die Bestellungen aus dem Inland gingen hingegen um 1,9 % zurück. In der Betrachtung nach Wirtschaftszweigen konnte sich vor allem der gewichtige Bereich Kfz/Kfz- Teile mit einem Orderanstieg um 5,5 % vom Rückgang im Vormonat erholen.
Der Ausblick auf die Industriekonjunktur in den kommenden Monaten bleibt angesichts einer spürbar unterkühlten Stimmung in den Unternehmen und der verhaltenen Nachfrage eingetrübt. Dass das Baugewerbe zuletzt einen beachtlichen Zuwachs verzeichnete, dürfte an der vergleichsweise milden Witterung im Oktober gelegen haben. Der bemerkenswerte Rückgang im Bereich der Energie- und Wasserwirtschaft kann vermutlich auf die Energiesparanstrengungen von Wirtschaft und privaten Haushalten zurückgeführt werden.
Die Umsätze im Einzelhandel ohne Kfz haben sich im Oktober gegenüber dem Vormonat um 2,8 % verringert. Im Vergleich zum Oktober 2021 meldete der Einzelhandel ein (reales) Umsatzminus von 4,9 %, was zu einem beträchtlichen Teil auch die hohen Preissteigerungen im Einzelhandel widerspiegelt. So kam es in nominaler Rechnung, also ohne Preisbereinigung, binnen Jahresfrist zu einem Umsatzplus von 6,6 %. Der Handel mit Lebensmitteln verzeichnete im Oktober im Vergleich zum Vormonat ein reales Umsatzminus von 1,2 % (ggü. Vorjahresmonat -3,9 %). Der Handel ohne Nahrungsmittel meldete einen Rückgang seines Umsatzes von 4,5 % (ggü. Vorjahresmonat -5,5 %). Auch der Internet- und Versandhandel verbuchte im Oktober eine Abnahme um 1,8 % (ggü. Vorjahresmonat -7,1 %). Die Neuzulassungen von Pkw durch private Halter sind im November deutlich um 14,9 % gestiegen, nachdem es allerdings im Oktober zu einer Abnahme um 5,4 % gekommen war.
Das Klima bei den privaten Verbrauchern dürfte sich aber zuletzt weiter stabilisiert haben. Laut dem GfK Konsumklima ist im Dezember mit einer weiteren leichten Verbesserung zu rechnen. Es wird erneut ein kleiner Anstieg des Indikators prognostiziert, ausgehend von einem äußerst niedrigen Niveau liegt. Die ifo Geschäftserwartungen im Einzelhandel haben sich im November ebenfalls aufgehellt. Der Saldo der Meldungen liegt hier auf einem nicht mehr ganz so niedrigem Niveau wie in den vergangenen Monaten. Auch die Beurteilung der Geschäftslage hat sich im Einzelhandel weiter verbessert.
Die Inflationsrate, gemessen am Anstieg des Verbraucherpreisniveaus binnen Jahresfrist, hat sich im November auf 10,0 % verringert. Damit ist die Rate 0,4 Prozentpunkte niedriger als im Vormonat (Oktober: +10,4 %). Die Kerninflationsrate (ohne Nahrungsmittel und Energie) lag mit +5,0 % halb so hoch wie die Gesamtrate.
Gegenüber Oktober fielen die Verbraucherpreise insgesamt um 0,5 %. Dies markiert den ersten Rückgang seit einem Jahr (November 2021). Bei steigenden Preisen für Nahrungsmittel (+1,2 %) ist diese Entwicklung vor allem auf rückläufige Preise für Pauschalreisen, die sich saisonbedingt um 25,3 % verringerten, zurückzuführen. Auch die Preise für Energie gaben leicht um 1,2 % nach. Die Kernrate ist wie die Gesamtrate im Vergleich zum Vormonat um 0,5 % gesunken.
Der Anstieg der Preise für Nahrungsmittel im Vorjahresvergleich markierte mit +21,1 % ein neues Allzeithoch (zuvor: +20,3%). Die Teuerung der Energieträger fiel erneut etwas schwächer als im Vormonat (+38,7 %; zuvor: +43,0 %) aus. Auch auf den vorgelagerten Absatzstufen deutet sich wegen der nicht mehr ganz so hohen Energiepreise eine gewisse Entspannung an. So sind die Erzeugerpreise im Oktober erstmals seit Mai 2020 im Vormonatsvergleich gesunken (-4,2 %), vor allem weil die Energiepreise zurückgegangen sind (Gas: -9,0 %; Strom: -15,4 %). Die Abgabepreise von Lieferanten privater Haushalte sind jedoch weiter deutlich aufwärtsgerichtet (Gas: +21,8 %; Strom: +3,2 %), da diese die Energiepreissteigerung mit Verzögerung an die Kunden weitergeben. Die Großhandelsverkaufspreise verringerten sich im Oktober ebenfalls im Vergleich zum September (-0,6 %). Im Vorjahresvergleich stiegen sie aber noch um 17,4 %. Ähnlich verhielt es sich mit den Importpreisen im Oktober (-1,2 % ggü. Vormonat; +23,5 % ggü. Vorjahr).
Auch für die nächsten Monate werden anhaltend hohe Inflationsraten erwartet. Die Bundesregierung ging in ihrer Herbstprojektion von Mitte Oktober für den Jahresdurchschnitt 2022 von einem Anstieg um 8,0 % aus. Für das Jahr 2023 wird aufgrund der Gas- und Strompreisbremsen mit einer gewissen Dämpfung gerechnet (+7,0 %).
Die Lage am Arbeitsmarkt ist nach wie vor stabil, auch wenn die Hinweise auf eine Abschwächung der Dynamik zunehmen. Verglichen mit den Vorjahren fiel die Herbstbelebung bei der registrierten Arbeitslosigkeit erneut relativ schwach aus. Saisonbereinigt (sb) kam es im November zu einem Anstieg um 17.000 Personen. Grund dafür ist vor allem, dass es Menschen etwas schwerer fällt, aus der Arbeitslosigkeit heraus eine Beschäftigung zu finden, weil die Unternehmen bei Einstellungen zurückhaltender geworden sind. Fluchtmigration aus der Ukraine wirkte sich zuletzt hingegen nicht mehr erhöhend aus. Die Erwerbstätigkeit lag im Oktober wieder merklich im Plus (+32.000 Personen gegenüber September). Auch bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung gab es im September einen kräftigen Zuwachs (+42.000 Personen gegenüber August). Die Inanspruchnahme der Kurzarbeit stieg im September auf rund 0,16 Mio. Personen. Die Anzeigen deuten auf ein weiterhin erhöhtes Niveau am aktuellen Rand hin. Betrachtet nach Wirtschaftszweigen, nehmen die Anzeigen aus den nicht-energieintensiven Industrien zu, die besonders energieintensiven Branchen bleiben bislang aber unauffällig. Die Frühindikatoren haben sich etwas stabilisiert. Zwar waren die gemeldeten Stellen leicht rückläufig, das ifo Beschäftigungsbarometer legte allerdings wieder zu. Insgesamt versuchen Unternehmen angesichts der Arbeitskräfteengpässe auch weiterhin ihre Beschäftigten zu halten.
Nach endgültigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes meldeten die deutschen Amtsgerichte von Januar bis August 2022 mit insgesamt 10.643 beantragten Unternehmensinsolvenzen 0,4 % weniger Anträge als im entsprechenden Vorjahreszeitraum.
Als Frühindikator gibt die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen Hinweise auf die künftige Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen. Nach einem deutlichen Anstieg der Regelinsolvenzen von 18,4 % im Oktober gegenüber dem Vormonat sind diese im November nur leicht gestiegen (+1,2 %). Damit lagen die beantragten Regelinsolvenzverfahren im November in etwa auf Vorjahresniveau. Experten des IW Halle gehen von einem Anstieg der Insolvenzen in den nächsten Monaten aus; im langfristigen Vergleich sind die derzeitigen Insolvenzzahlen jedoch weiterhin niedrig. Die Folgen des Kriegs in der Ukraine und die drastisch gestiegenen Energiepreise stellen für viele Unternehmen Belastungen dar, deren Auswirkungen auf das Insolvenzgeschehen in den nächsten Monaten nur schwer abzuschätzen sind.
Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
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