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Steuer & Recht |
vzbv, Urteil des OLG Hamburg 5 U 145/21 vom 04.11.2022
Der Energieversorger Vattenfall durfte bei einer Strompreiserhöhung im zweiten Halbjahr 2020 den alten Arbeitspreis nicht mit dem vorübergehend ausgesetzten Umsatzsteuersatz von 19 Prozent und damit zu hoch ausweisen. Das hat das Hanseatische Oberlandesgericht nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) entschieden. Der vzbv hatte dem Unternehmen vorgeworfen, durch die falsche Angabe des alten Strompreises das Ausmaß der Preiserhöhung zu verschleiern.
„Wenn Energieversorger die Preise vor und nach einer Preiserhöhung gegenüberstellen, müssen sie die jeweils gültige Umsatzsteuer berücksichtigen“, sagt Kerstin Hoppe, Rechtsreferentin beim vzbv. „Die Angabe eines fiktiven Preises auf Basis eines gar nicht mehr geltenden Steuersatzes verwirrt nur und kann den Umfang der Preiserhöhung verschleiern. Das sollten die Energieversorger jetzt auch anlässlich der beschlossenen Senkung des Umsatzsteuer für Gaslieferungen beachten.“
Vattenfall hatte im August 2020 den Strompreis in seinem Basistarif ab 1. August 2020 erhöht – während des zweiten Halbjahres 2020, in dem die Umsatzsteuer wegen der Corona-Pandemie vorübergehend von 19 auf 16 Prozent gesenkt wurde. Im Preisblatt für den Grundversorgungs-Tarif nannte das Unternehmen den alten, angeblich bis 31. Juli gültigen Brutto-Arbeitspreis von 31,14 Cent pro Kilowattstunde (kWh) und stellte ihm den ab 1. August geltenden Preis von 33,25 Cent/kWh gegenüber, der bis Dezember 2020 durch den ermäßigten Umsatzsteuersatz auf 32,41 Cent/kWh gesenkt werde. Doch das war nicht korrekt. In den alten Preis hatte Vattenfall die im Juli schon nicht mehr gültige Umsatzsteuer von 19 Prozent eingerechnet. Tatsächlich betrug der alte Kilowattstunden-Preis nicht 31,14 Cent, sondern 30,35 Cent. Die Differenz zu dem ab August zu zahlenden Betrag von 32,41 Cent betrug daher nicht nur 1,27 Cent, sondern 2,06 Cent.
Das Hanseatische Oberlandesgericht schloss sich der Auffassung des vzbv an, dass Vattenfall mit der falschen Angabe des alten Brutto-Arbeitspreises gegen die Preisangabenverordnung verstieß. Diese verlange die Angabe des Gesamtpreises anhand des zum jeweiligen Zeitpunkt gütigen Umsatzsteuersatzes. Der tatsächliche Umfang der Preiserhöhung sei zwar ausreichend nachvollziehbar, weil Vattenfall in der mittleren Spalte des Preisblattes auch den neuen Arbeitspreis mit 19 Prozent Umsatzsteuer ausgewiesen habe. Dem vzbv stehe dennoch ein Unterlassungsanspruch zu, da die Preisangabenverordnung ein Verbraucherschutzgesetz sei und der Verstoß gegen die Vorschrift kollektive Interessen der Verbraucher berühre.
Die Vorinstanz, das Landgericht Hamburg, hatte den Anspruch noch abgelehnt. Dagegen hatte der vzbv Berufung beim Oberlandesgericht eingelegt.
Dieses hat keine Revision gegen das Urteil zugelassen. Vattenfall hat aber noch die Möglichkeit, Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen.
Der dem gerichtlichem Verfahren zugrundliegende Sachverhalt stammte aus einer Untersuchung des vzbv. Im Zuge der Corona-Pandemie analysiert die Marktbeobachtung des vzbv, wie die befristete Umsatzsteuersenkung im Rahmen des Konjunkturpaketes der Bundesregierung von Energieversorgern an Verbraucher:innen kommuniziert wurde. Ziel des damaligen Maßnahmenpaketes war die finanzielle Entlastung von Verbraucher:innen, indem die Änderungen der Umsatzsteuersätze sich bestenfalls preissenkend auswirken würden. „Gerade in Krisenzeiten ist es unerlässlich, dass Energieversorger ihre Preise transparent kommunizieren, sodass Verbraucher:innen sowohl Kostensteigerungen als auch Senkungen auf den ersten Blick erkennen können“, sagt Sabine Lund, Referentin im Team Marktbeobachtung Energie. Angesichts der hohen Gaspreise möchte die Bundesregierung aktuell Verbraucher:innen erneut mit einer Umsatzsteuersenkung auf Gas entlasten. Der vzbv wird diesbzüglich das Verhalten der Energieversorger eingehend unter die Lupe nehmen.
Quelle: vzbv
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