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Steuer & Recht |
Der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht und den Immobilienkauf zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs verhandelt über ein Verfahren, das kaufrechtliche Mängelrechte der Erwerber von Wohnungseigentum wegen einer Schadstoffbelastung des Grundstücks und deren gerichtliche Durchsetzung durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer betrifft.
Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Die Wohnungseigentumsanlage befindet sich auf einem in München belegenen Grundstück, das ursprünglich im Eigentum der Beklagten, einem Immobilienunternehmen, stand. Die Beklagte teilte das Grundstück mit dem bestehenden Gebäude im Jahr 2012 in Wohnungseigentum auf und begann mit dem Verkauf der Einheiten. Für den zunächst beabsichtigten Bau einer Tiefgarage ließ sie im Frühjahr 2013 die Böden des Innenhofs und der Außenflächen der Anlage untersuchen. Dabei wurde eine ehemalige Kiesgrube aufgefunden, deren aufgefüllte Böden, wie weitere Untersuchungen zeigten, unterschiedlich mit Schadstoffen belastet sind. Die Beklagte stoppte daraufhin zunächst den Verkauf und informierte die Stadt München. Behördlich angeordnete Untersuchungen des Oberbodens auf Altlasten ergaben Belastungen u.a. mit Benzo(a)pyren (BaP). In einer von der Beklagten in Auftrag gegebenen gutachterlichen Bewertung der Untersuchungsergebnisse wurde für den Innenhof ein Bodenaustausch bis zu einer Tiefe von 30 cm vorgeschlagen. Auf einen Austausch des tiefer liegenden Bodens könne wegen der geplanten Errichtung der Tiefgarage verzichtet werden. Maßnahmen im südlichen Außenbereich seien trotz der festgestellten Belastungen wegen einer möglichen Einzäunung der betroffenen Bereiche nicht erforderlich. Ab dem 29. Mai 2013 setzte die Beklagte den Verkauf der Wohnungen fort. In den Kaufverträgen wies sie auf eine allein den Innenhof betreffende Altlastenauskunft der Stadt München hin und verpflichtete sich zur Durchführung der für den Innenhof vorgeschlagenen Sicherungsmaßnahmen. Die Haftung für eine Altlastenfreiheit des Grundstücks außerhalb des Innenhofs wurde ausgeschlossen. In der Folgezeit tauschte die Beklagte den Oberboden des Innenhofes in einer Tiefe von 20 cm aus. Der Bau einer Tiefgarage erfolgte dagegen nicht. In zwei Eigentümerversammlungen im Mai 2014 und im Oktober 2015 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich die gerichtliche Geltendmachung der "Ansprüche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer" wegen Altlasten im Innenhof und im südlichen Außenbereich.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Landgericht hat der mit dem Hauptantrag beanspruchten Feststellung des Bestehens von Mängelansprüchen teilweise stattgegeben. In der Berufungsinstanz hat das Oberlandesgericht den Hauptantrag abgewiesen und auf den Hilfsantrag der Klägerin zur Beseitigung der vorhandenen Altlasten durch Sanierung des Innenhofs und des südlichen Außenbereichs verurteilt, jedoch nur, soweit jeweils der Wert von 0,5 mg/kg BaP überschritten wird. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision will die beklagte Verkäuferin die vollständige Abweisung der Klage erreichen. Mit der Anschlussrevision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter, soweit dieses erfolglos geblieben ist.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft zur Prozessführung befugt. Bei den geltend gemachten Nacherfüllungsansprüchen der einzelnen Wohnungseigentümer handele es sich um Rechte im Sinne von § 9a Abs. 2 WEG, die eine einheitliche Rechtsverfolgung durch die Gemeinschaft erforderten. Jedenfalls habe die Klägerin die - nach Kaufrecht zu beurteilenden - Ansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer durch die Beschlüsse vom Mai 2014 und Oktober 2015 nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG aF an sich gezogen und sei daher prozessführungsbefugt.
In der Sache könne die Klägerin von der Beklagten Nachbesserung verlangen, weil das Gemeinschaftseigentum im Innenhof und im südlichen Außenbereich bisher nicht beseitigte Sachmängel aufweise. Bereits das Auffinden einer verfüllten Kiesgrube habe einen als Sachmangel einzustufenden Altlastenverdacht begründet. Zudem handele es sich bei den festgestellten Bodenbelastungen um nicht nur unerhebliche Kontaminationen, die von der üblichen Beschaffenheit eines Grundstücks abwichen. Insoweit seien zur Feststellung eines Sachmangels wegen Bodenbelastungen grundsätzlich die auf der Grundlage des Bundesbodenschutzgesetzes in Verbindung mit der Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodenSchV) festgelegten Prüf- und Maßnahmenwerte (§ 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 und 2 BBodSchG) heranzuziehen. Die ermittelte Schadstoffkonzentration sei allerdings nicht bereits deshalb unerheblich, weil die Prüfwerte des Anhangs 2 zur BBodenSchV eingehalten seien. Hier gebe es neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die es rechtfertigten, hinsichtlich der festgestellten Belastung mit BaP einen niedrigeren Prüfwert von 0,5 mg/kg BaP zu Grunde zu legen, der überschritten sei. Dies genüge für die Annahme eines Mangels. Auf den in den Kaufverträgen der einzelnen Erwerber vereinbarten Gewährleistungsausschluss könne sich die Beklagte nicht berufen. Bereits nach dem Auffinden der aufgefüllten Kiesgrube sei ihr bewusst gewesen, dass der Boden möglicherweise Schadstoffe enthalte. Zudem habe sie den Käufern nach Beendigung des Verkaufsstopps das Ausmaß der ihr bekannten Altlastenproblematik nicht vollständig offengelegt.
Der Bundesgerichtshof wird zunächst klären müssen, ob die Prozessführungsbefugnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer fortbesteht, nachdem die gesetzliche Regelung der sogenannten "Vergemeinschaftung durch Beschluss" in § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG aF bei der Reform des Wohnungseigentumsrechts ersatzlos entfallen ist; aus dieser Bestimmung wurde bislang abgeleitet, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft Mängelrechte aus individuellen Kauf- oder Werkverträgen der Erwerber durch Beschluss an sich ziehen und durchsetzen kann. Insoweit ist auch das Verhältnis zu der nunmehr geltenden Regelung der Ausübungsbefugnis in § 9a Abs. 2 WEG zu bestimmen. Sollte die Prozessführungsbefugnis bejaht werden, wird in der Sache voraussichtlich zu klären sein, unter welchen Voraussetzungen Altlasten bei einem Grundstückskaufvertrag einen Sachmangel darstellen.
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