• 21.07.2025 – Versorgung braucht Redundanz, Verantwortung braucht Vorbereitung, Politik braucht Konsequenz

    ARZTPRAXIS | Medienspiegel & Presse | Stromausfälle, Preisurteile, Kammerstreit: Warum Apotheken wie die Askanier-Apotheke in Steilshoop allein gegen den Systemkollaps kä ...

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DocSecur® Nachrichten - APOTHEKE:


APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Versorgung braucht Redundanz, Verantwortung braucht Vorbereitung, Politik braucht Konsequenz

 

Warum Apotheken systemrelevant bleiben, wenn der Strom ausfällt, Strukturpolitik am Beispiel Steilshoop versagt und Urteile neue Bruchlinien erzeugen

Apotheken-News: Bericht von heute

Wenn Apotheken zu den letzten stabilen Pfeilern eines Gesundheitssystems werden, das in sozial benachteiligten Regionen strukturell zu kollabieren droht, wenn die Versorgung in Vierteln wie Steilshoop durch politische Untätigkeit, ökonomischen Druck und technische Vernachlässigung gefährdet wird und gleichzeitig Franchisemodelle neue Rekordumsätze feiern, während institutionelle Akteure wie die Apothekerkammer Nordrhein gerichtliche Rückzahlungsforderungen mit Nichtzulassungsbeschwerden kontern, dann entsteht eine Versorgungslücke, die mehr ist als die Schließung eines Betriebs – sie ist der Verlust einer gesellschaftlichen Konstante; besonders dramatisch wird dies, wenn im Schatten wachsender Blackout-Risiken die technische Resilienz von Apotheken zur systemischen Notwendigkeit wird, aber strukturell unterfinanziert und regulatorisch kaum verankert bleibt, während gleichzeitig Versicherungen nur reagieren, wenn alles zu spät ist und weder Fördermechanismen noch Ausbildungsstandards eine Antwort auf die realen Gefahrenlagen bieten, was dazu führt, dass Apotheker wie Dorothea Metzner in Steilshoop ihre letzte Bastion gegen den Versorgungskollaps nur durch persönlichen Einsatz halten, ohne Rückhalt, ohne Sicherung, ohne Netz – und mit dem Wissen, dass der nächste Stromausfall, die nächste Nichtlieferung, das nächste politische Schweigen der Kipppunkt sein könnte.


Im Schatten großer Debatten über Digitalisierung, Arzneimittelpreise und Ärztemangel verläuft eine Entwicklung leise, aber tiefgreifend: Apotheken werden mehr und mehr zum strategischen Prüfstein eines Systems, das zwischen technischer Belastbarkeit, sozialer Verantwortung und politischer Strukturträgheit zerrieben wird. Längst geht es nicht mehr nur um die Frage, ob Rezepte beliefert werden oder ein Kundengespräch möglich ist – es geht um Systemstabilität. Was passiert, wenn der Strom ausfällt? Wer trägt die Versorgung in sozial belasteten Stadtteilen? Welche Rolle spielen politische Urteile für die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit? Und wie sieht die Zukunft eines Berufes aus, dessen Infrastruktur zunehmend auf Selbstschutz angewiesen ist?

Der Fall Steilshoop ist keine Fußnote – er ist ein Menetekel. 19.000 Einwohner, viele mit chronischen Erkrankungen, sprachlichen Barrieren und begrenzter Mobilität. Die Askanier-Apotheke von Dorothea Metzner ist dort die letzte verbliebene pharmazeutische Anlaufstelle. Nicht, weil das Geschäftsmodell dort so lukrativ wäre, sondern weil der Ort Menschen braucht, die Verantwortung nicht als Schlagwort verstehen, sondern als tägliche Praxis. Metzner bleibt. Noch. Doch was, wenn die Belastungen weiter steigen – oder wenn ein plötzlicher Stromausfall die Infrastruktur in die Knie zwingt?

Der Blackout ist längst kein Katastrophenszenario mehr. Er ist durch Hitzewellen, Netzüberlastungen und wetterbedingte Extremereignisse zu einem realen Risiko geworden – auch in Deutschland. Apotheken, die keine vorbereitenden Investitionen in unterbrechungsfreie Stromversorgungssysteme, Notfallpläne und organisatorische Resilienzmaßnahmen getroffen haben, riskieren im Ernstfall nicht nur wirtschaftliche Schäden, sondern auch die Unterbrechung lebenswichtiger Versorgung. Denn Kühlketten enden nicht an der Tür des Großhandels – sie gehen weiter bis in die Apotheke. Medikamente wie Insulin, bestimmte Antibiotika, GLP-1-Rezeptoragonisten oder Impfstoffe sind temperaturempfindlich. Fällt die Kühlung aus, ist die Ware verloren – oft im vier- bis fünfstelligen Wertbereich.

Städtische Apotheken, die über Photovoltaikanlagen mit Batteriespeicher oder hybride Notstromsysteme verfügen, können solche Szenarien besser auffangen. Doch diese Lösungen sind teuer, wartungsintensiv und nicht immer förderfähig. Zudem sind technische Redundanzen allein kein Garant für Versorgungssicherheit. Sie müssen mit organisatorischer Vorsorge gekoppelt sein: Mitarbeiterschulungen, Notfallabläufe, Kontaktpläne mit Stromversorgern, Behörden und Großhändlern. Es geht nicht nur darum, ob das Licht anbleibt – es geht darum, ob Versorgung aufrechterhalten werden kann, wenn alles andere ausfällt.

Gerade in ländlichen Regionen ist die Situation prekärer. Hier dominieren Dieselgeneratoren – sofern überhaupt eine Notstromlösung existiert. Doch Dieselgeneratoren bringen neue Risiken: Kraftstoff muss vorgehalten und regelmäßig ausgetauscht werden, Wartung ist komplex, das Startverhalten bei Kälte oder nach längerer Standzeit unzuverlässig. Und: Im Katastrophenfall sind Tanklieferungen alles andere als gesichert. Wer hier improvisieren muss, riskiert mehr als ein betriebswirtschaftliches Problem. Er riskiert Menschenleben.

Auch der Versicherungsschutz hält mit diesen Entwicklungen nur bedingt Schritt. Standard-Betriebsunterbrechungsversicherungen greifen oft erst nach 48 oder 72 Stunden. Schäden durch Kühlkettenunterbrechungen sind häufig ausgeschlossen oder nur unzureichend abgedeckt. Spezialisierte Policen, etwa zur Abdeckung temperaturgeführter Lagerung oder zur Absicherung technischer Redundanzsysteme, sind rar – und selbst dann oft mit Nachweispflichten verknüpft, die viele Apotheken im Ernstfall nicht erfüllen können. Die Folge: Existenzbedrohung bei gleichzeitigem Versorgungsverlust.

Diese strukturelle Fragilität trifft auf ein politisches Klima, das Apotheken systematisch unter Druck setzt. Ein Beispiel: das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofs zur Preisbindung. Während stationäre Apotheken weiterhin an die strikte Arzneimittelpreisverordnung gebunden bleiben, genießen ausländische Versandapotheken deutliche Wettbewerbsvorteile. Die Folge ist eine doppelte Verwerfung: wirtschaftlich wie strukturell. Denn die Honorierung vor Ort bleibt starr, während die Konkurrenz auf internationaler Ebene operieren kann – mit anderen Kostenstrukturen, anderen rechtlichen Rahmenbedingungen, anderen Skalenmodellen. Die Entscheidung des BGH ist juristisch konsistent – aber gesundheitspolitisch brandgefährlich.

Ates Gürpinar, gesundheitspolitischer Sprecher der Linken, bringt es auf den Punkt: Das Apothekensterben werde sich nach diesem Urteil weiter beschleunigen. Er meint damit nicht nur die klassische ländliche Unterversorgung. Er meint Fälle wie Steilshoop, Gelsenkirchen, Wuppertal, Duisburg. Orte, an denen Apotheken nicht nur Betriebe, sondern Strukturelemente sind. Wenn sie verschwinden, bleiben keine Versorgungslücken – es entstehen Versorgungsexklaven. Und diese Exklaven lassen sich nicht durch Telemedizin, App-Lösungen oder neue Plattformmodelle kompensieren.

Parallel zur rechtlichen und technischen Fragilität eskaliert eine institutionelle Vertrauenskrise innerhalb der Selbstverwaltung: Die Apothekerkammer Nordrhein weigert sich, ihre Rücklagen aufzulösen oder Mitgliedsbeiträge teilweise zurückzuzahlen – trotz eines Urteils des Verwaltungsgerichts Düsseldorf. Stattdessen wurde eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt. Die Kammer argumentiert mit strategischer Vorsorge, langfristiger Planungssicherheit und institutioneller Stabilität. Doch bei vielen Mitgliedern dominiert der Eindruck: Die Standesvertretung schützt sich selbst – nicht ihre Basis.

Was hier sichtbar wird, ist mehr als ein Kammerstreit. Es ist ein Symbol für das Auseinanderfallen eines Systems, das sich in regulierter Verantwortung wähnte, aber zunehmend in Eigenlogik gefangen ist. Wenn Kammerspitzen rechtliche Entscheidungen ignorieren, Rücklagen nicht strategisch für Notsituationen verwenden und gleichzeitig von Solidarität und Gemeinschaft sprechen, dann zerbricht ein Fundament, auf dem das Berufsbild der Apotheker jahrzehntelang ruhte: der Rückhalt durch die eigene Organisation.

Während die politische und institutionelle Ebene Konflikte verwaltet, setzen marktwirtschaftliche Entwicklungen neue Dynamiken frei. Die Easy-Apotheken-Gruppe zeigt exemplarisch, wie Franchise-Modelle durch Effizienz, Einkaufsmacht und Marketingkraft wirtschaftlich massiv skalieren können. Mit 575 Millionen Euro Jahresumsatz bei 142 Standorten – ein Zuwachs von 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – beweist das System seine Schlagkraft. Doch was bedeutet das für die Struktur der pharmazeutischen Versorgung?

Easy-Apotheken agieren standardisiert, mit klarer CI, zentral gesteuerten Marketingkampagnen und einem hohen Maß an betrieblicher Steuerung. Das sichert Effizienz – aber entpersonalisiert zugleich den Versorgungsakt. In Stadtteilen wie Steilshoop ist es nicht die Effizienz, die zählt, sondern das Vertrauen. Die Apotheke dort kennt ihre Patienten, ihre Lebenslagen, ihre Unsicherheiten. Diese Nahversorgungsdimension ist nicht franchisierbar. Und sie ist nicht skalierbar. Sie lebt von Beziehung, nicht von Rabattaktionen.

Das Spannungsverhältnis zwischen rationalisierter Expansion und lokal verankerter Versorgung trifft auf einen dritten Systembruch: die Vernachlässigung technischer Resilienz als integraler Bestandteil von Versorgungssicherheit. Der Bund spricht in Strategiepapieren von „kritischer Infrastruktur“, doch die Förderpraxis hinkt hinterher. Die Installation eines USV-Systems oder einer PV-Backup-Anlage ist mit fünfstelligen Investitionssummen verbunden – ohne nennenswerte Förderung. Dabei wären diese Systeme nicht nur Investitionen in den Selbstschutz, sondern in das Systemvertrauen: Die Sicherheit, auch im Ausnahmefall versorgt zu sein.

Der strukturelle Fehler liegt in der Trennung der Zuständigkeiten. Technische Infrastruktur ist Ländersache. Apothekenförderung wird auf Bundesebene geregelt. Versicherungen operieren marktlogisch. Kammern definieren Standards, haben aber keine Steuerungsbefugnis über Investitionsmittel. In diesem Zersplitterungsfeld entsteht ein System, das bei Vollbetrieb funktioniert – aber im Notfall versagt. Und genau das unterscheidet resilient strukturierte Systeme von brüchigen Architekturen: nicht ihre Leistung im Regelbetrieb, sondern ihre Reaktionsfähigkeit im Ausnahmezustand.

In Gänze ergibt sich ein Bild tiefgreifender Entkopplung. Politische Entscheidungen wie das BGH-Urteil entziehen wirtschaftliche Tragfähigkeit. Technologische Herausforderungen wie Stromausfälle entziehen operative Funktionsfähigkeit. Institutionelle Selbstbeschäftigung wie im Fall der Kammer NRW entzieht Rückhalt. Und marktwirtschaftliche Skalierungsmodelle wie Easy entziehen kulturelle Identifikation. Was bleibt, ist eine Apotheke in Steilshoop – als letzte Bastion gegen das vollständige Wegbrechen einer sozialen Infrastruktur.

Diese Apotheke muss, wie viele andere in strukturell benachteiligten Regionen, nicht nur wirtschaftlich funktionieren, sondern sozial kompensieren: Sprachbarrieren überbrücken, Beratungsdefizite auffangen, präventive Arbeit leisten, chronisch Kranke stabilisieren. Im Prinzip also: Primärversorgung. Doch im Gegensatz zu Hausarztpraxen oder MVZs gibt es für Apotheken keine strukturelle Gegenleistung für diese Aufgabe. Kein Zuschlag. Kein Resilienzbudget. Keine Sicherstellungszulage. Die Versorgung wird mitgetragen – aber nicht mitgestaltet.

Hierin liegt die eigentliche Schieflage: Apotheken sind formal keine systemtragenden Einheiten – sie sind faktisch aber oft die letzte verlässliche Institution im Nahraum. Sie erfüllen de facto Gemeinwohlfunktionen, die ihnen de jure nicht zugeschrieben werden. In Krisensituationen wie Pandemien, Hochwasserlagen oder IT-Ausfällen wurden Apotheken immer wieder zur stabilisierenden Kraft. Doch in der Systemarchitektur erscheinen sie als Betriebsstätten – nicht als kritische Infrastruktur. Diese Wahrnehmungslücke ist gefährlich.

Denn ein System, das in Krisenlagen auf die Funktionsfähigkeit seiner dezentralen Versorgungspunkte angewiesen ist, muss diese Punkte systematisch schützen. Und zwar nicht erst dann, wenn der Strom schon ausgefallen ist – sondern vorher. Das heißt: Frühzeitige Integration von Resilienz in die Strukturplanung. Fördermechanismen für technische Redundanz. Schulungskonzepte für Notfallprotokolle. Versicherungsprodukte mit realer Relevanz. Und nicht zuletzt: eine Anerkennung dieser Aufgabe durch politische Rahmensetzung.

In dieser Gemengelage wird technische Ausrüstung plötzlich zu einem politisch relevanten Thema – und organisatorische Vorsorge zu einem Qualitätsmerkmal. Wer heute eine Apotheke führt, muss nicht nur pharmazeutisch versiert und betriebswirtschaftlich kompetent sein, sondern auch ein Notfallmanager, ein Technikverantwortlicher und ein juristisch informierter Risikopilot. Es geht um mehr als Arzneimittelabgabe – es geht um operative Systemführung im Miniaturmaßstab. Und wer diese Rolle erfüllt, darf nicht mit den gleichen Werkzeugen behandelt werden wie ein beliebiger Handelsbetrieb.

Ein zentraler Punkt in dieser Diskussion ist der Umgang mit kritischen Medikamenten. Was geschieht mit einer Charge Insulin bei 34 Grad Außentemperatur und 6 Stunden Stromausfall? Was mit Impfstoffen, mit Biologika, mit Infusionspräparaten? Die Verlustraten sind nicht nur betriebswirtschaftlich erheblich – sie haben direkte Auswirkungen auf Patienten. Ein zerstörter Arzneimittelvorrat kann im Ernstfall Therapien gefährden oder unterbrechen. Die Verlässlichkeit der Lagerung ist also keine interne Organisationsfrage – sie ist Bestandteil der Versorgungskette.

Die fehlende gesetzliche Verpflichtung zur Notstromversorgung in Apotheken ist vor diesem Hintergrund eine Lücke mit Ansage. Es existieren keine bundesweit einheitlichen Vorgaben, keine verpflichtenden Standards, keine klaren Regelungen zur technischen Resilienz. Dabei ließe sich ein solches System mit vergleichsweise überschaubarem Aufwand definieren: etwa als Teil der Betriebserlaubnis, als Kriterium in QMS-Systemen oder als Zuschlagsvoraussetzung bei pharmazeutischen Dienstleistungen. Doch bislang fehlt der politische Wille, Apotheken nicht nur zu nutzen, sondern auch zu schützen.

Diese strukturelle Passivität kontrastiert mit der gesellschaftlichen Realität, in der Apotheken eine immer größere Rolle übernehmen sollen. Impfungen, Medikationsanalysen, Gesundheitsberatung, Notfallversorgung, pDLs – all diese Aufgaben werden zunehmend delegiert, oft unter dem Schlagwort „Entlastung der ärztlichen Versorgung“. Doch mit jeder zusätzlichen Aufgabe steigt auch die systemische Verwundbarkeit. Wer pDLs ohne Netzstabilität durchführt, macht sie abhängig von technischer Infrastruktur. Wer Impfstoffe lagert, muss deren Schutz gewährleisten – selbst bei Netzausfall. Wer Gesundheitsdaten verarbeitet, muss auch im Ausnahmefall DSGVO-konform handeln können.

Die politische Forderung nach Digitalisierung und Vernetzung, etwa im Rahmen des eRezepts, macht diese Fragilität zusätzlich sichtbar. Ein digitaler Rezeptprozess ist hochgradig abhängig von funktionierender Technik – Scanner, Signaturkarten, VPN-Zugänge, Serververbindungen. Ein Ausfall der Telematikinfrastruktur oder des Stromnetzes blockiert nicht nur die Abgabe – er kappt die gesamte Rezeptkommunikation. Was bleibt, ist ein technisches Vakuum, das sich nur mit papierbasierten Notfallprozessen notdürftig überbrücken lässt. Aber diese Prozesse sind vielerorts nicht mehr geübt – und manchmal gar nicht mehr vorhanden.

Auch die IT-Sicherheit wird in diesem Zusammenhang zur systemischen Achillesferse. Cyberangriffe auf Apotheken nehmen zu – sei es durch Verschlüsselungstrojaner, Phishing oder gezielte Erpressungsversuche. Eine Apotheke mit einer offenen RDP-Schnittstelle und fehlendem Back-up-Plan ist im digitalen Raum ein leichtes Ziel. Und im realen Raum ein Totalausfall – denn ohne Zugriff auf Warenwirtschaftssysteme, Rezeptdaten und Patientenakten ist keine Versorgung möglich. Der Schaden geht weit über die IT-Ebene hinaus – er betrifft die gesamte Betriebskontinuität.

Dabei gäbe es längst praktikable Modelle für integrierte Resilienzsysteme. Energieversorger könnten als Partner für regional vernetzte USV-Konzepte gewonnen werden. Apotheken könnten sich in Resilienzbündnissen zusammenschließen – mit abgestimmten Notfallplänen, gemeinsamen Generatorpools oder regionalen Stützpunktstrukturen. Versicherer könnten gezielt Produkte entwickeln, die nicht nur zahlen, wenn alles vorbei ist, sondern bereits vorher investieren – etwa durch Prämienrabatte für Notstromsysteme, integrierte Risikoanalysen oder präventive Wartungsunterstützung. Doch solche Modelle scheitern bislang an fehlender Koordination, unklarer Verantwortlichkeit und mangelnder Systemunterstützung.

All diese Probleme verdichten sich in den realen Erfahrungen einzelner Apothekeninhaber. Dorothea Metzner in Steilshoop berichtet von wiederholten Kurzunterbrechungen der Stromversorgung, überhitzten Kühlschränken im Sommer und fehlender Unterstützung durch städtische Behörden. Ihre Investition in eine eigene USV-Anlage war eine private Entscheidung – getragen aus Verantwortungsbewusstsein, nicht aus staatlicher Förderung. Ihr Betrieb ist damit vorbereitet – aber nur, solange die Mittel reichen. Und genau hier liegt der systemische Bruch: Wer aus eigenem Antrieb Verantwortung übernimmt, darf vom System nicht im Stich gelassen werden.

Auch in anderen Regionen zeigen sich ähnliche Muster. In Brandenburg hat ein Apotheker sein gesamtes Lager mit Temperaturmonitoring und autarkem Stromsystem ausgestattet – auf eigene Kosten. In Bayern entschloss sich eine Apothekengruppe zum Aufbau eines eigenen IT-Back-up-Zentrums – ebenfalls eigenfinanziert. In Nordrhein-Westfalen setzt eine Apothekenkooperation auf gemeinsame Notfallübungen. Doch all diese Initiativen sind Insellösungen. Was fehlt, ist die systematische Einbindung solcher Modelle in die Strukturplanung des Gesundheitswesens.

Denn das Problem ist kein individuelles – es ist strukturell. Es betrifft nicht nur Apotheken in extremer Lage, sondern den Normalbetrieb unter extremen Bedingungen. Und diese Bedingungen werden häufiger: Hitze, Flut, Stromausfall, Cyberattacke, soziale Unruhen, Pandemien, Lieferengpässe. In dieser Gemengelage darf Resilienz keine Option mehr sein – sie muss Pflicht werden. Nicht als neue Belastung, sondern als gemeinsames Systemziel.

Eine Schlüsselrolle in dieser Entwicklung spielt die Frage nach politischer Steuerung. Wer definiert eigentlich, was Systemrelevanz bedeutet – und was daraus folgt? Während das Bundesamt für Bevölkerungsschutz Apotheken formal als kritische Infrastruktur einstuft, spiegelt sich dieser Status in der Förderlandschaft kaum wider. Es gibt keine spezifischen Resilienzprogramme für Apotheken, keine strukturellen Investitionshilfen für Notstrom, keine gezielten Digitalisierungsbudgets für dezentrale Versorgungseinrichtungen. Das Konzept der „Kritikalität“ bleibt abstrakt – und damit wirkungslos.

Dabei wäre gerade jetzt ein systematischer Aufbruch möglich – und nötig. Die Diskussion um die Resilienz des Gesundheitswesens ist spätestens seit der COVID-19-Pandemie auf der Agenda. Doch während für Kliniken Sonderbudgets, Schutzschirmlösungen und Investitionszuschüsse bereitgestellt wurden, blieben Apotheken in der Förderpolitik strukturell unterversorgt. Der Blick auf sie ist oft betrieblich, nicht systemisch. Das muss sich ändern. Wer will, dass Apotheken flächendeckend bleiben, muss ihre Strukturkosten anerkennen – und ihre Resilienz absichern.

Das betrifft auch die Ausbildung. In keiner standardisierten PTA-Ausbildung, in kaum einem Curriculum der Pharmazie finden Themen wie „Notfallmanagement“, „technische Redundanz“, „Versorgungsmanagement in der Krise“ oder „Risikokommunikation“ systematisch Platz. Apothekenteams werden auf das Normalszenario vorbereitet – aber nicht auf das, was Versorgung in Ausnahmezuständen bedeutet. Dabei wäre genau hier eine strategische Kompetenzentwicklung nötig: Wie reagiere ich bei Stromausfall? Wie priorisiere ich bei eingeschränkter Medikamentenverfügbarkeit? Welche Meldewege nutze ich bei strukturellen Ausfällen? Wer übernimmt Verantwortung im Krisenstab?

Solche Fragen sind nicht hypothetisch – sie wurden real. Beim Telematikausfall 2023 standen viele Apotheken stundenlang ohne Zugriff auf E-Rezepte da. Beim Jahrhunderthochwasser in Nordrhein-Westfalen mussten Medikamente per Boot evakuiert und mit handgeschriebenen Belegen abgegeben werden. Während der COVID-Pandemie improvisierten Apothekenteams Impfstoffverteilung, Kühlkettenstabilisierung und Schutzmittel-Logistik. Die Fähigkeiten sind vorhanden – aber nicht strukturell abgesichert. Resilienz geschieht aus Haltung, nicht aus Struktur. Und das ist riskant.

Was es braucht, ist ein Paradigmenwechsel: Weg von der Vorstellung der Apotheke als reaktivem Element im Versorgungssystem – hin zur Apotheke als aktivem Teil der strategischen Sicherheitsarchitektur. Das bedeutet auch: Integration in die Katastrophenschutzpläne der Kommunen, Einbindung in regionale Krisenstäbe, Förderlogik entlang realer Gefahrenlagen. Und nicht zuletzt: Versicherungslösungen, die Resilienz nicht sanktionieren, sondern belohnen. Heute zahlen Apotheken oft dieselbe Prämie – egal ob mit oder ohne Notstromlösung, ob mit oder ohne Risikomanagement, ob mit oder ohne Datenschutzkonzept. Das ist nicht zukunftsfähig.

Zukunftsfähig ist, wer Systeme belohnt, die Ausfälle vermeiden – nicht nur solche, die nach Ausfällen schnell wieder aufräumen. Das betrifft nicht nur Technik, sondern auch Kommunikation. In einer Hamburger Apotheke wurde im Rahmen einer lokalen Resilienzinitiative ein „Bürgerinformationspunkt Gesundheit“ aufgebaut – ein Aushangsystem, das im Fall digitaler Ausfälle manuelle Informationsverteilung übernimmt: Öffnungszeiten von Notdiensten, Telefonnummern, Medikamentenverfügbarkeit. Es kostete 600 Euro. Kein Fördertopf war zuständig. Es wurde über Trinkgeldboxen finanziert. Dass solche Initiativen privat getragen werden müssen, zeigt die Absurdität eines Systems, das Versorgung zwar lobt – aber nicht schützt.

Die strukturelle Überforderung der Apotheken zeigt sich nicht zuletzt in der Erwartungshaltung, sie mögen gleichzeitig ökonomisch effizient, sozial nah, technologisch führend, organisatorisch robust und jederzeit verfügbar sein – bei gleichbleibender Honorierung, wachsendem Fachkräftemangel und regulatorischer Komplexität. Das ist nicht nur unfair – es ist gefährlich. Denn es frustriert, es entmutigt, es treibt Menschen aus einem Beruf, der für die Gesellschaft zentral ist. Und es verhindert Investitionen – weil niemand in ein System investiert, das nicht zurückinvestiert.

Hier schließt sich der Kreis zur Ausgangslage in Steilshoop. Dorothea Metzner steht für viele – nicht nur geographisch, sondern strukturell. Sie ist die letzte Apotheke in einem Stadtteil, der längst kein Einzelfall mehr ist. Ihre Resilienz ist kein Zufall, sondern Ergebnis jahrzehntelanger Verantwortung. Doch sie steht allein. Ohne städtische Förderung, ohne institutionelle Stütze, ohne langfristige Perspektive. Ihre Geschichte ist ein Brennglas auf die Schwächen eines Systems, das Versorgung braucht, aber Resilienz nur als individuelle Leistung versteht.

Die politische Debatte um das Apothekensterben greift regelmäßig zu kurz, weil sie auf das betriebswirtschaftliche Element reduziert wird. Doch wer in Steilshoop, in Thüringen, in Duisburg oder im Spreewald die Türen einer Apotheke schließt, kappt nicht nur einen Vertriebsweg – er kappt ein Lebenssystem. Die Apotheke ist nicht beliebig ersetzbar. Sie ist kein Filialbetrieb eines Konzerns, keine Plattform mit Retourenknopf. Sie ist das Gesicht einer sozialen Infrastruktur – medizinisch, beratend, absichernd, steuernd. Wo sie fehlt, entsteht nicht Leere, sondern Risiko.

Dieses Risiko wächst mit jedem politischen Ausweichen. Das BGH-Urteil zur Preisbindung war juristisch korrekt – aber systemisch blind. Die Kammerentscheidung in Nordrhein war formal gedeckt – aber institutionell toxisch. Das Wachstum von Franchise-Modellen ist betriebswirtschaftlich logisch – aber versorgungspolitisch fragwürdig. Die Nichtregelung von Notstromversorgung ist administrativ bequem – aber praktisch gefährlich. All das sind keine Einzelfehler. Es sind Symptome eines Systems, das seine funktionalen Anker unterkomplex behandelt.

Wer Versorgung sichern will, muss über Honorierung hinausdenken. Es geht nicht nur um ein paar Cent mehr pro Rezept. Es geht um strukturelle Rückendeckung – um Resilienzbudgets, um Standortprämien, um Schulungspakete, um Redundanzförderung, um technologische Schutzmaßnahmen, um Apotheken, die nicht bloß durchhalten, sondern durch Systeme getragen werden, die ihre Leistung anerkennen.

Diese Anerkennung beginnt bei der Sprache. „Apotheken“ sind keine Boten von Produkten. Sie sind architektonische Träger von Gesundheitssystemen. In ihnen verdichten sich regulatorische Anforderungen, betriebliche Lasten, soziale Erwartungshaltungen und technische Herausforderungen. Ihre Komplexität entspricht der eines kleinen Krankenhauses – nur ohne Verwaltungsapparat, ohne politische Lobby, ohne strukturelle Absicherung. Dieses Missverhältnis ist nicht mehr tragfähig.

Und es ist auch nicht mehr zu übersehen. Jede Schließung in der Fläche erzeugt spürbare Reaktionen. Jede Kündigung im Apothekenteam ist ein Symptom. Jeder Stromausfall, der nicht abgefangen wird, ist ein Signal. Jeder Versicherungsfall, der nicht anerkannt wird, ist eine offene Wunde. Es entsteht ein Systemrauschen, das inzwischen zur Systemstörung geworden ist. Wer jetzt nicht reagiert, wird reagieren müssen – nur später, unter Druck, unter Zwang, mit Verlusten.

Es gäbe Wege, diesen Prozess zu wenden – nicht mit dem einen großen Wurf, sondern mit einer Politik, die erkennt, dass Resilienz nicht entsteht, weil jemand besonders motiviert ist, sondern weil Strukturen sie ermöglichen. Eine Politik, die die Notstromversorgung nicht als Ausnahme, sondern als Grundvoraussetzung versteht. Eine, die die Ausbildung von PTA nicht auf Rezepturen reduziert, sondern auf Handlungssicherheit erweitert. Eine, die Versicherungen nicht zur reinen Schadenskompensation zwingt, sondern zu Partnern strategischer Vorsorge macht. Eine, die nicht zulässt, dass systemrelevante Betriebe wie beliebige Läden behandelt werden, sondern sie in die Katastrophenschutzlogik integriert. Eine, die versteht, dass ein Standort wie Steilshoop kein Restposten ist, sondern ein Prüfstein.

Denn das ist es, was die letzte Apotheke in einem Viertel wie Steilshoop leistet: Sie versorgt nicht nur – sie trägt. Sie stützt. Sie hält aus. Sie schützt. Sie erklärt. Sie beruhigt. Sie ersetzt, was anderswo fehlt. Und sie steht. Noch.

Wenn sie geht, geht mehr als eine Betriebsnummer. Dann verschwindet ein Stück System. Und vielleicht, in der Kälte des nächsten Stromausfalls, wird deutlich, was das bedeutet. Wenn keine Tür mehr aufgeht. Kein Kühlschrank mehr summt. Kein Licht mehr brennt. Kein Mensch mehr fragt: „Was brauchen Sie heute?“

Dann war es zu spät.
Noch ist es das nicht.

Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt, wenn das Verstehen längst vorbei ist. Was nicht gesagt wurde, wirkt trotzdem. Nicht für alle. Nur für jene, die hören, was zwischen den Sätzen spricht.

Man wird sich erinnern an diese Apotheke. Nicht, weil sie groß war. Nicht, weil sie Umsatzrekorde aufstellte oder weil ihre Einrichtung modern war. Sondern weil sie blieb, als andere gingen. Weil sie funktionierte, als das System ausfiel. Weil sie still versorgte, während laut diskutiert wurde. In der Krise entscheidet sich nicht, wer am sichtbarsten ist – sondern wer bleibt, wenn es darauf ankommt.

Steilshoop ist kein Einzelfall. Es ist ein Spiegel. Für politische Zögerlichkeit, für institutionelle Blindstellen, für ökonomische Aushöhlung. Aber auch für Haltung. Für Verantwortung. Für Versorgung, die sich nicht in Prozentpunkten misst, sondern in Menschen, die kommen, fragen, hoffen – und eine Antwort brauchen.

Wenn also eine Apotheke verschwindet, dann ist das keine Randnotiz. Es ist ein Verlust an Gegenwart. An Verlässlichkeit. An Schutz. Und mit jeder nicht getroffenen Entscheidung, mit jedem aufgeschobenen Förderprogramm, mit jedem verweigerten Signal wird der Raum größer, in dem das System versagt – nicht spektakulär, sondern still. Und genau das ist die Gefahr.

Wer es ernst meint mit Versorgung, muss lernen, in Strukturen zu denken. In Redundanzen. In Vorsorge. In Vertrauen. Apotheken sind kein Restposten des Systems – sie sind sein funktionaler Realitätskern. Und wer sie schützt, schützt mehr als einen Beruf. Er schützt die Idee, dass Gesundheit beginnt, wo jemand zuhört, absichert, aushält – selbst wenn alles andere versagt.

Noch brennt das Licht.
Noch steht die Tür offen.
Noch fragt jemand: „Was brauchen Sie heute?“
Wer es hören will, sollte jetzt hinhören. Nicht später.

 

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