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Sehr geehrte Ärzte,
hier ist der vollständige Text für Sie:
APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Apotheken-News: Kommentar von Woche
Wenn das System nicht mehr schützt, sondern sich selbst entzieht
Es beginnt mit einer digitalen Störung, einem Ausfall der Telematik-Infrastruktur, wie er mittlerweile zur Betriebsstörung geworden ist – aber es endet nicht dort. Denn was in dieser Woche sichtbar wurde, ist nicht einfach eine Verkettung von Zufällen, sondern die Inszenierung eines Systemversagens in zehn Akten: technisch, rechtlich, wirtschaftlich, politisch. Jeder Ausfall des E-Rezepts bedeutet nicht nur eine Blockade im Versorgungsprozess, sondern einen unmittelbaren wirtschaftlichen Schaden. Die Apotheken können nicht abrechnen, nicht ausgeben, nicht dokumentieren – und niemand kommt für den Verlust auf. Keine Bundeshilfe, keine Versicherung, kein Mechanismus. Es ist, als würde man einem Piloten bei laufendem Flug die Instrumente nehmen – und sich danach wundern, warum das Flugzeug taumelt.
Der Apothekerverband Westfalen-Lippe fordert Ausfallsicherheit. Eine Selbstverständlichkeit? Offenbar nicht. Denn auch nach wiederholten TI-Ausfällen gibt es kein politisches Echo, kein GKV-gestütztes Kompensationssystem, keine klare Verantwortlichkeitszuweisung. Die Digitalisierung, die einst als Heilsversprechen für den Gesundheitssektor eingeführt wurde, zeigt ihr wahres Gesicht: Als Kostenstelle mit eingebauter Schuldverlagerung. Wenn sie funktioniert, wird gefeiert. Wenn sie ausfällt, zahlen die Apotheken. Der Systemfehler ist strukturell – nicht technisch.
Und als wäre dieser Befund nicht schon deutlich genug, platzt das nächste Signal in die Versorgungslandschaft: Der Bundesgerichtshof weist die Klage des Bayerischen Apothekerverbands gegen DocMorris aus dem Jahr 2012 ab. Die Rx-Boni seien damals zulässig gewesen, weil die Preisbindung nicht für EU-Versender galt. Zwölf Jahre nach Klagebeginn. Zwölf Jahre, in denen sich der Markt verändert hat, die Normen neu geschrieben wurden, die Realität längst eine andere ist. Und dennoch reicht ein Satz aus der Vergangenheit, um das Preisgefüge der Gegenwart zu erschüttern. DocMorris reagiert nicht mit juristischer Vorsicht, sondern mit Triumph: 15-Euro-Boni für neue Kunden. Ein Versandhändler definiert die Realität, während die Regulierungsinstanzen in Rückspiegeln argumentieren. Die sozialrechtliche Rx-Preisbindung gilt seit 2020 – aber der BGH sagt nichts dazu. Und der EuGH? Schweigt. Die Folge: faktische Rechtsfreiheit im Bonusbereich, solange niemand klagt. Dass bisher niemand klagt, ist nicht nur eine strategische Unterlassung, sondern ein Offenbarungseid: Der Schutz des Systems wird nicht mehr aktiv verteidigt, sondern stillgelegt.
Parallel dazu rollt die nächste Angriffswelle: dm kündigt den Einstieg ins OTC-Versandgeschäft an. Von Bor, einem tschechischen Standort aus, sollen Arzneimittel nach Deutschland geliefert werden. Nicht rezeptpflichtig – noch nicht. Aber die Richtung ist eindeutig. Müller plant apothekenähnliche Verkaufsflächen in mehreren Städten. Der Wettbewerb verschiebt sich – nicht nur entlang gesetzlicher Grenzen, sondern entlang der Frage, wer sich traut, sie zu verschieben. Während Apotheken bei jedem Handgriff haftbar gemacht werden, agieren Drogerieketten mit kommerzieller Bewegungsfreiheit. Die einen unterliegen dem Apothekengesetz. Die anderen dem Markt. Die Schieflage wird normalisiert, nicht korrigiert.
Und dort, wo politische Korrektur dringend wäre, herrscht administrativer Leerlauf. Die sogenannte „Soforthilfe für Apotheken“ ist längst ein Witz ohne Pointe. Seit über einem Jahr gefordert, liegt sie weiter auf Eis. Die Honoraranpassung? Eingefroren bei 8,35 Euro, mit vager Aussicht auf 9,50 – irgendwann. Im Sommer. Vielleicht. Die ABDA reagiert mit einem Handout für den Dialog mit Abgeordneten. Acht Seiten, viele gute Argumente, doch die Kernfrage bleibt: Warum muss sich ein Versorgungssystem rechtfertigen, während andere es aushebeln dürfen?
Auch beim Cannabis zeigt sich, wie stark der Ordnungsrahmen inzwischen verwässert wurde. Plattformen wie Grünhorn operieren telemedizinisch, schnell, effizient – aber ohne die Sicherheiten ärztlicher Präsenz. Die Bundesregierung will das ändern: Ein Referentenentwurf sieht vor, dass Cannabisblüten nur noch nach persönlichem Arztkontakt verordnet werden dürfen. Versand verboten. Die ABDA applaudiert, ebenso die Bundesärztekammer. Nur Grünhorn wehrt sich – mit einer Petition. Der Tonfall: populistisch, die Botschaft: Cannabis sei Therapie, kein Lifestyle. Die Realität: Ein Geschäftsmodell wehrt sich gegen Regulierung. Und offenbart damit unfreiwillig, was eigentlich nicht gesagt werden sollte: dass Versorgung längst als Markt verstanden wird – nicht als Pflicht, nicht als Verantwortung.
Auch innerhalb der Selbstverwaltung bleibt es nicht ruhig. Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg passt seine Beitragsstruktur an: Einheitlicher Betrag pro Betriebsstätte, durchschnittlich 25 Prozent teurer als zuvor. Der Grund? Die Finanzierung der Gedisa und der Zugriff auf das Plus-Paket. Digitalisierung kostet. Und trifft die Kleinen härter als die Großen. Der Beschluss zeigt, was viele Verbände noch scheuen: dass Reformen nicht ohne Opfer funktionieren – aber getragen werden müssen. Gleichzeitig betont der LAV: Die digitale Zukunft erfordert Investition. Nur: Wer nicht überlebt, digitalisiert nicht mehr.
Die Retaxzahlen sinken leicht – ein Erfolg? Nur auf dem Papier. Denn während die Summe der Retaxationen um etwa eine Million Euro zurückgeht, bleibt der Retaxmechanismus selbst unverändert brutal. Ein fehlendes Chargenfeld im E-Rezept genügt – Nullretaxation. Die Kasse zahlt nicht, auch wenn das Medikament korrekt abgegeben wurde. Wer widerspricht, hat vielleicht Erfolg. Wer nicht widerspricht, verliert automatisch. Der Retaxprozess ist kein Instrument der Qualitätssicherung – er ist ein disziplinierendes Kalkül.
Und während Apotheken um jede Einnahme kämpfen, investiert die ABDA 1,2 Millionen Euro in einen neuen Datenhub. Wirtschaftsdaten sollen automatisiert gesammelt werden. Eine moderne Lösung. Aber warum, fragt die DAZ, werden diese Daten nicht monetarisiert? Warum gibt die Standesvertretung das Feld freiwillig auf, das längst von kommerziellen Akteuren dominiert wird? Die Antwort bleibt diffus. Aber das Signal ist deutlich: Selbst dort, wo man Wert schöpfen könnte, schweigt man aus Rücksicht auf eine Branche, die längst die Apotheken auswertet – nicht unterstützt.
Was also bleibt von dieser Woche? Kein technisches Problem, kein Einzelfehler, kein juristisches Kuriosum. Sondern eine tiefgreifende systemische Entkopplung zwischen Verantwortung und Steuerung. Die Apotheken tragen weiterhin die Versorgung, das Risiko, die Haftung – aber immer weniger die Kontrolle. Und immer öfter den Verlust. Wer das normal findet, hat vergessen, dass ein Gesundheitssystem mehr sein muss als eine Lieferkette mit Servicelogik. Es muss ein Schutzraum sein. Für Menschen. Für Verantwortung. Für Vertrauen.
Denn wer das System nicht mehr schützt, der macht es verwechselbar. Und was verwechselbar ist, wird ersetzbar. Die Apotheken sind nicht ersetzbar – aber sie werden behandelt, als wären sie es. Das ist nicht nur falsch. Das ist gefährlich.
SG
Prokurist | Publizist | Verantwortungsträger im Versorgungsdiskurs
Kontakt: sg@docsecur.de
Wer das für Formalie hält, unterschätzt die Verantwortung, die Sprache heute tragen muss.
Ein Kommentar ist keine Meinung. Er ist Verpflichtung zur Deutung – dort, wo Systeme entgleiten und Strukturen entkoppeln.
Ich schreibe nicht, um zu erklären, was gesagt wurde. Ich schreibe, weil gesagt werden muss, was sonst nur wirkt, wenn es zu spät ist.
Denn wenn das Recht nur noch erlaubt, aber nicht mehr schützt, darf der Text nicht schweigen.
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