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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Die Zukunft der Apotheken entscheidet sich längst nicht mehr auf politischen Podien, sondern im Innersten ihrer Betriebsstruktur, wo steigende Fixkosten, unzureichende Honorierung, wachsender Fachkräftemangel und eine überfällige Digitalisierung aufeinandertreffen, während sich gleichzeitig Versorgungsanforderungen verschärfen, Elementarrisiken zunehmen und Cybergefahren unkontrolliert an der IT-Infrastruktur rütteln; inmitten dieser Zangenlage verspricht die Politik Aufwertung und Stabilisierung, bleibt aber konkrete, belastbare Maßnahmen schuldig, während die Apothekerschaft mit der paradoxen Erwartung leben muss, neue Aufgaben wie Präventionsberatung, Medikationsmanagement oder Notfallversorgung zu übernehmen, ohne über die nötige wirtschaftliche, rechtliche oder organisatorische Absicherung zu verfügen, was nicht nur zu einem gefährlichen Auseinanderklaffen von Anspruch und Realität führt, sondern in Verbindung mit strukturellen Versäumnissen – wie fehlender Versicherungspflicht gegen Naturgefahren, mangelnder digitaler Resilienz und konzeptloser Prozessführung – eine Lage erzeugt, in der die gesamte Apothekenlandschaft an einem Wendepunkt steht: Entweder gelingt der selbstorganisierte Umbau zu einer robusten, agilen und rechtssicheren Gesundheitseinheit, oder das System steuert sehenden Auges in einen flächendeckenden Versorgungszerfall, für den es dann keine kurzfristige politische Kompensation mehr geben kann.
Struktur schafft Zukunft
Warum Prozessklarheit über das Überleben vieler Apotheken entscheidet
Der ökonomische Überlebenskampf vieler Apotheken verlagert sich zunehmend in die Sphäre betriebsinterner Organisation. Angesichts steigender Betriebskosten, anhaltendem Fachkräftemangel und wachsender Bürokratie gerät die Prozessstruktur vieler Betriebe zum entscheidenden Faktor. Besonders kleine und mittlere Apotheken in weniger zentralen Lagen sehen sich gezwungen, ihre alltäglichen Abläufe grundlegend zu hinterfragen und neu zu ordnen. Dabei wird Prozessoptimierung zur strategischen Voraussetzung für wirtschaftliche Stabilität.
Es geht nicht um teure Digitalisierungsoffensiven, sondern um eine durchdachte, systematische Vereinfachung betrieblicher Abläufe: klare Verantwortlichkeiten, verbindliche Zeitfenster, nachvollziehbare Kommunikationswege. Bereits einfache digitale Hilfsmittel und strukturierte Routinen können den Arbeitsalltag spürbar entlasten. Wenn Standardabläufe nicht mehr improvisiert, sondern verlässlich abgearbeitet werden, verbessert sich nicht nur die Effizienz, sondern auch das Betriebsklima.
Ein neuralgischer Punkt bleibt die Warenwirtschaft: Rabattverträge, Lagerhaltung, Bestellmanagement – hier binden unstrukturierte Prozesse enorme Ressourcen. Automatisierte Kommissionierung oder Drittanbieter-Tools für Preisgestaltung und Rezepturmanagement bieten praktikable Lösungen, auch für kleinere Apotheken. Wer die internen Abläufe strukturiert, schafft Freiräume für pharmazeutische Kernaufgaben.
Darüber hinaus führen digitalisierte Dokumentations- und Ablagesysteme zu mehr Rechtssicherheit und einem besseren Zugriff auf Informationen. Cloudbasierte Anwendungen ermöglichen ortsunabhängiges Arbeiten, und auch gesetzlich vorgeschriebene Papierkopien lassen sich in sinnvolle Hybridmodelle einbinden. All dies reduziert Fehlerquellen und stärkt die Handlungssicherheit.
Die Herausforderung: Viele dieser Schritte wirken im Hintergrund und entfalten ihre Wirkung leise. Doch sie sind entscheidend, um Betriebsblindheit, Ineffizienz und personelle Überlastung nachhaltig zu begegnen. Prozessoptimierung ist kein Selbstzweck, sondern Ausdruck unternehmerischer Verantwortung. Sie entscheidet darüber, ob eine Apotheke im aktuellen Marktumfeld bestehen kann.
Der Strukturwandel in der Apothekenlandschaft findet nicht nur im politischen Diskurs oder auf Verbandsebene statt. Er beginnt am HV-Tisch, in der Rezeptur, im Lager – überall dort, wo tagtäglich Entscheidungen getroffen werden, wie ein Betrieb organisiert ist. In der Diskussion um angemessene Honorierung, Versorgungsaufträge und Personalpolitik bleibt die betriebliche Realität oft auf der Strecke. Dabei wäre genau hier ein Paradigmenwechsel gefragt: weg vom Dauerimprovisieren, hin zu professionellen Prozessen.
Wer Prozesse nicht ernst nimmt, verspielt Handlungsfähigkeit. Die politische Großwetterlage mag sich ändern, die strukturellen Herausforderungen bleiben. Prozessoptimierung bedeutet, interne Energieverluste zu minimieren und betriebliche Intelligenz zu organisieren. Das ist keine technokratische Floskel, sondern das Fundament für Versorgungssicherheit und betriebliche Resilienz. Die Apotheke der Zukunft ist kein Labor für Technikspielereien, sondern ein hochfunktionales Versorgungsorgan.
Reformwille im Schatten leerer Kassen
Wie Apotheken zwischen politischer Aufwertung und finanziellen Zumutungen gefangen bleiben
Die neue Bundesregierung will ein sichtbares Zeichen für die Wiederbelebung der Vor-Ort-Apotheken setzen – zumindest verbal. Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) ließ bei der Präsentation ihres Regierungsprogramms keinen Zweifel daran, dass sie die Apotheken wieder in den Mittelpunkt der gesundheitspolitischen Agenda rücken will. Dabei ist ihre Sprache auffallend wohlwollend: Man wolle die Apotheke nicht nur stärken, sondern zu einem integralen Bestandteil der regionalen Gesundheitsversorgung weiterentwickeln. Auch die ökonomischen Rahmenbedingungen sollen in den Fokus rücken. Doch wie belastbar ist dieses politische Bekenntnis in einer Zeit explodierender Ausgaben, ausgereizter Haushalte und multipler Systemkrisen?
Die Realität folgt auf dem Fuße: Bereits jetzt steht fest, dass zentrale Maßnahmen unter Finanzierungsvorbehalt stehen. Warken hat zwar die Zahlung des Bundeszuschusses an die Gesetzliche Krankenversicherung in Höhe von 800 Millionen Euro beschleunigt, doch signalisiert dies vor allem die Schwere der finanziellen Schieflage. Im Hintergrund stehen milliardenschwere Defizite in der GKV, überfällige Investitionen und ein tiefgreifender Reformstau, wie der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen kritisiert. Die Apotheken stehen damit erneut im Spannungsfeld zwischen politischer Zuwendung und haushalterischer Zumutung.
Auf dem jüngsten Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbands wurde der neue Sound aus dem Bundesministerium ausführlich diskutiert. Simone Borchardt (CDU) plädierte für ein höheres Fixum und eine Rückkehr zu den Skonti-Regelungen. Ihre Unterstützung für das Zukunftspapier der ABDA ist deutlich – auch wenn es keine konkreten Zeitlinien für die Umsetzung gibt. Christos Pantazis (SPD) betonte als Arzt die Effizienzpotenziale, die eine Kompetenzerweiterung der Apotheken mit sich bringe. Für ihn steht der Dialog im Zentrum: Apotheken sollen nicht länger ausgebremst, sondern eingebunden werden.
Ates Gürpinar (Die Linke) hingegen sprach die unbequeme Wahrheit offen aus: Ohne strukturelle Umverteilung und eine Systemreform – etwa in Form einer Bürgerversicherung – sei das Gesundheitssystem auf Dauer nicht finanzierbar. Das angestrebte höhere Fixum in Höhe von 9,50 Euro steht deshalb nicht nur unter Vorbehalt, sondern in Frage.
DAV-Chef Hans-Peter Hubmann brachte das Dilemma mit einem bitteren Bild auf den Punkt: Die Apotheken seien längst ausgepresst wie eine Zitrone. Man habe den wirtschaftlichen Spielraum der Betriebe über Jahre hinweg systematisch minimiert. Ohne sofortige Korrekturen drohe vielen Standorten das wirtschaftliche Aus.
Fakt ist: Die Tonlage aus Berlin hat sich verändert. Warken sucht sichtbar das Gespräch mit der Apothekerschaft. Die parlamentarischen Gesundheitsexperten signalisieren Reformbereitschaft. Doch es fehlt nicht nur an Liquidität – es fehlt ein belastbares Finanzkonzept. Apotheken brauchen keine symbolische Umarmung, sondern strukturelle Sicherheiten. Und diese sind – trotz positiver Rhetorik – weiterhin nicht in Sicht.
Die neue Gesundheitsministerin spricht von Hoffnung, Integration, Stärkung – doch der Satz mit der stärkeren wirtschaftlichen Basis ist der entscheidende. Alles andere ist politische Poesie. Apotheken brauchen jetzt keine Visionen, sondern konkrete Maßnahmen, keine freundlichen Dialogformate, sondern stabile Finanzstrukturen. Die Realität kennt keine Geduld mehr.
Die rhetorische Aufwertung der Apotheke zur Anlaufstelle in der Versorgung klingt angenehm – aber sie bleibt, Stand heute, eine Phrase ohne Hebelwirkung. Dass Apotheken in der Prävention, in der Betreuung chronisch Kranker, in der Notfallversorgung künftig eine aktivere Rolle spielen sollen, ist richtig. Aber jede neue Aufgabe muss sich wirtschaftlich tragen – sonst bleibt sie Theorie.
Zwar scheint das Parlament – von Union über SPD bis zur Linken – das Ausmaß der Apothekenkrise erkannt zu haben. Doch die politische Dynamik reicht nicht aus, um dem wirtschaftlichen Druck, unter dem viele Betriebe stehen, substanziell entgegenzutreten. Allein das Wort „Finanzierungsvorbehalt“ wirkt wie ein rhetorisches Todesurteil auf Raten. Die Ministerin steht deshalb nicht nur in der Pflicht, ihre Ankündigungen umzusetzen. Sie muss beweisen, dass sie in der Lage ist, auch im schwierigsten haushalterischen Umfeld Prioritäten zu setzen – und die Apotheke gehört ganz nach oben auf diese Liste.
Reformdruck, Milliardenplan, Systemkritik
Was Kanzler Merz in der Talkshow wirklich angekündigt hat
Die Kulisse war bewusst gewählt: Ein einzelner Kanzler, ein einziger Sessel, eine konzentrierte Stunde. Friedrich Merz (CDU) stellte sich in der ZDF-Sendung von Maybrit Illner als einziger Gast den großen Fragen zur Zukunftsfähigkeit Deutschlands. Heraus kam ein bemerkenswert dichtes Gespräch mit außenpolitischen Akzenten, aber auch klaren Botschaften für die sozialen Sicherungssysteme – Renten, Kranken-, Pflegeversicherung. Besonders die Gesundheitsbranche hörte aufmerksam hin.
"Wir müssen aus der strukturellen Wachstumsschwäche raus", so Merz in deutlicher Sprache. Eine starke Volkswirtschaft sei Grundvoraussetzung für ein stabiles Sozialsystem. Die gegenwärtige Dynamik der Beitragserhöhungen sei nicht haltbar – weder für junge noch für künftige Generationen. Der Kanzler bekannte sich zur Notwendigkeit tiefgreifender Reformen in den Sozialversicherungen: "Wir können nicht auf dem Rücken der jungen Generation das austragen, was die Generation ihrer Eltern versäumt hat."
Merz will Reform mit Verlässlichkeit verbinden. Er fordert nichts weniger als eine Neuausrichtung der deutschen Sozialpolitik entlang ökonomischer Tragfähigkeit und generationengerechter Verantwortung. Gesundheit, Pflege, Rente – alle Systeme müssten überprüft, angepasst und finanziell so aufgestellt werden, dass sie langfristig funktionieren, ohne überbordende Lasten zu erzeugen.
Die Brücke zur wirtschaftlichen Basis sieht Merz im Wiederaufbau einer handlungsfähigen, investitionsbereiten Republik. Der Staat müsse sich aus der Bürokratielähmung befreien. Bereits nach 60 Tagen Regierungszeit wolle er erste Erfolge präsentieren – Stichdatum: 11. Juli. Dann, so Merz, solle die erste Zwischenbilanz seines Regierungsstils sichtbar sein. Schnell, verbindlich, planbar – so lautet sein Dreiklang.
Ein zentrales Mittel: das neue Sondervermögen über 500 Milliarden Euro. Es soll direkt in Infrastruktur, Forschung und moderne Technologien fließen. Förderprogramme würden drastisch beschleunigt, Deutschland müsse wieder zum internationalen Investitionsstandort werden. Auch das Lieferkettengesetz solle entlastet und europäisch verschoben werden. Merz betonte dabei die ethische Zielsetzung – Menschenrechte und Kinderarbeit dürften nicht relativiert werden –, aber zugleich müsse Bürokratie vermeidbar bleiben.
Die implizite Botschaft an die Gesundheitswirtschaft war klar: Wer auf Verlässlichkeit und Planbarkeit baut, soll vom Staat wieder klare Rahmenbedingungen bekommen. Das betrifft nicht nur Investoren, sondern auch Institutionen wie Krankenkassen, Pflegeversicherungen, Krankenhäuser und Apotheken. Die Reformbereitschaft müsse mit Sicherheit unterfüttert sein – sowohl finanziell als auch rechtlich.
Die Sendung endete mit einem Ausblick auf internationale Sicherheit, Ukraine, NATO, USA. Doch der rote Faden war innenpolitisch: Rückgewinnung von Vertrauen in Staat, System und Zukunftsfähigkeit. Ein Signal an eine übermüdete Gesellschaft.
Die Show war konzentriert, das Framing klug gesetzt. Doch jenseits der Rhetorik steckt eine unausweichliche Wahrheit in Merz’ Botschaften: Ohne ein entschlossenes Update der Systeme wird Deutschland nicht funktionieren. Dass ein Kanzler sich öffentlich zu Versäumnissen der Elterngeneration zählt, ist ungewöhnlich. Dass er daraus eine politisch-programmatische Verantwortung ableitet, ist bemerkenswert.
Die Frage ist nicht, ob Reformen kommen müssen – sie sind überfällig. Die Frage ist, wie weit sie gehen, wie mutig sie konzipiert sind und wie gerecht sie verteilt werden. Denn das Vertrauen der Bevölkerung – gerade in das Gesundheits- und Pflegesystem – ist erschüttert. Finanzierungsfragen sind nicht technokratisch, sondern zutiefst politisch. Generationengerechtigkeit ist kein Schlagwort, sondern ein Prüfstein jeder Regierung.
Merz will liefern – schnell, sichtbar, robust. Das ist neu. Nun wird sich zeigen, ob es mehr ist als Rhetorik. Der 11. Juli wird zum ersten Lackmustest. Danach beginnt die eigentliche Arbeit. Denn der Vertrauensvorschuss ist gering, die Anforderungen hoch, die Zeit knapp.
Neue Aufgaben, alte Ohnmacht
Warum Apotheker mehr leisten sollen, aber nicht mehr fordern dürfen
Matthias Miersch, neuer Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag, macht deutlich, dass die Apothekerschaft für seine Partei kein vergessenes Berufsbild ist. In einem politischen Klima, das von gesundheitspolitischer Neuorientierung geprägt ist, signalisiert Miersch: Die Apotheken dürfen bei den anstehenden Strukturreformen nicht nur mitgedacht, sondern müssen mitgestaltet werden. Seine Worte: keine Versprechungen, aber ein Bekenntnis. Zwar stehe alles, wie derzeit üblich, unter Finanzierungsvorbehalt – doch Apothekenschließungen, so Miersch, seien politische Warnsignale. Versorgungslücken gefährdeten die Integrität des gesamten Systems.
Sein politisches Ziel: die Apothekerinnen und Apotheker aus der Rolle des „Arzneimittelverkäufers“ zu befreien. Stattdessen sollen sie künftig in die multiprofessionellen Versorgungsstrukturen integriert sein – als beratende, koordinierende, therapeutisch mitverantwortliche Kraft. Miersch betont die Apotheke als Ankerpunkt für Prävention, Therapiebegleitung und Arzneimittelsicherheit.
Konkret denkt er dabei an eine Ausweitung der Aufgaben und an ein neues Honorarmodell. Nicht etwa eine schlichte Erhöhung des Fixums, sondern – typisch sozialdemokratisch – eine Systemumstellung: Apotheken sollen ihre Honorare künftig selbst verhandeln. Die Rolle des Staats als Preisregulierer soll einer autonomen Honorardynamik weichen. Ein Modell, das bereits unter Ex-Minister Karl Lauterbach im Reformpapier umrisshaft auftauchte.
Doch gerade hier wird die Vision zur Zumutung: Die Realität kennt keine gleichgewichtige Vertragsfreiheit. Im Gegensatz zu ärztlichen Standesorganisationen oder Pharmakonzernen fehlt den Apotheken die Macht, um mit dem GKV-Spitzenverband auf Augenhöhe zu verhandeln. Die Gefahr: Die Apothekerschaft wird in eine liberale Fiktion gedrängt – mit maximaler Verantwortung, aber minimalem Einfluss.
Was als Emanzipation erscheint, birgt ein Risiko der Entsolidarisierung. Ohne ein politisch abgesichertes Schiedsverfahren und ohne die Rückendeckung der Gesetzgebung könnte diese Idee nicht zur Stärkung, sondern zur weiteren Schwächung der Apotheken führen.
Es ist ein Widerspruch in sich: Die SPD will Apothekerinnen und Apothekern mehr Selbstbestimmung geben – und nimmt ihnen dabei die einzige Sicherheit, die der Berufsstand in einer regulierten Gesundheitswirtschaft besitzt: eine garantierte, staatlich festgelegte Vergütung. Matthias Miersch beschreibt ein Ideal, in dem die Apotheke zum integralen Bestandteil multiprofessioneller Versorgungsteams wird, zur Gesundheitsinstanz in der Fläche, zum Präventionszentrum im Quartier. Doch der Preis dieser Vision ist hoch.
Denn die angekündigte Autonomie in der Honorarverhandlung läuft ins Leere, solange die Apothekerschaft in einem System agiert, das von asymmetrischen Machtverhältnissen geprägt ist. Ärztelobby, Pharmaindustrie und Krankenkassen besitzen eine Durchsetzungskraft, über die Apotheken faktisch nicht verfügen.
Die sozialdemokratische Idee ist charmant – aber sie blendet das strukturelle Kräfteverhältnis aus. Die Apotheke ist eben kein freier Unternehmerbetrieb im klassischen Sinne. Sie agiert im staatlich regulierten Versorgungssystem, in dem Versorgungssicherheit und Gemeinwohl Vorrang vor Marktlogik haben müssen. Wer den Apothekern mehr Verantwortung überträgt – Prävention, Versorgung, Therapiebegleitung –, muss auch bereit sein, diese Verantwortung finanziell abzusichern.
Ein Finanzierungsvorbehalt ist kein Fundament für Versorgungsgerechtigkeit. Und eine symbolische Aufwertung ohne materielle Stabilisierung bleibt ein politisches Lippenbekenntnis.
Rettung in letzter Minute
Wie Noventi die Apothekenwelt fast verlor – und was jetzt neu gedacht wird
Es gibt kaum einen anderen Akteur im deutschen Gesundheitswesen, der über so viele Jahrzehnte hinweg die digitale Infrastruktur der Apotheken geprägt hat wie Noventi. 125 Jahre Unternehmensgeschichte bedeuten nicht nur Tradition, sondern Verantwortung – und im Fall der Noventi Group auch eine bittere Lektion über Überdehnung, Führungsfehler und die Grenzen struktureller Belastbarkeit. Nachdem der Apotheken-IT-Riese 2022 in eine wirtschaftliche Schieflage geriet, steht nun ein radikaler Neuanfang an – getragen von der Basis, gerettet von den Verbänden.
Was intern als „Transformation“ deklariert wurde, war in Wirklichkeit der steile Abstieg eines einst stabilen Dienstleisters. Viel zu viele Baustellen, überbordende Ambitionen im Plattformgeschäft, verlustreiche Tochtergesellschaften und ein Kontrollversagen auf Leitungsebene führten zu einem Defizit im mittleren zweistelligen Millionenbereich. Besonders gravierend: Die zentrale Bedeutung des Unternehmens für die Rezeptabrechnung tausender Apotheken stand plötzlich auf dem Spiel. Es war kein gewöhnliches Sanierungsjahr – es war ein Überlebenskampf im Herzen des Systems.
„Wir standen am Kipppunkt“, so CEO Mark Böhm. „Aber wir waren nicht allein.“ Dass die Insolvenz abgewendet werden konnte, sei einzig dem entschlossenen Handeln der Gesellschafter und Verbandsstrukturen zu verdanken. Der Förderverein FSA habe massiv eingegriffen, Kapital bereitgestellt, Kompetenzen gebündelt und das Unternehmen in enger Abstimmung mit der Apothekerschaft neu aufgestellt. Der Preis: personelle Konsequenzen, ein Umbau des Vorstands, das Abstoßen unrentabler Geschäftsbereiche – und eine Rückbesinnung auf das Kerngeschäft.
Der Blick nach vorn ist ambitioniert. Bereits im Juni 2025 soll Noventi wieder schwarze Zahlen schreiben. Die Hoffnung liegt auf konsequenter Fokussierung: Apotheke, Abrechnung, Infrastruktur – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der Rückhalt der Apothekerschaft, so Böhm, sei der entscheidende Vertrauensanker. „Wenn uns 125 Jahre eines gelehrt haben, dann dies: Nur wer zuhört, kann Bestand haben.“
Noventi ist mehr als ein IT-Dienstleister. Es ist ein Nervenknoten im Geflecht des Gesundheitswesens. Als das Unternehmen zu kippen drohte, ging es nicht nur um Bilanzen, sondern um Systemvertrauen. Dass die Verbände eingegriffen haben, war keine Geste – es war ein Rettungsakt in eigener Sache. Denn wer die Apotheken in die digitale Zukunft begleiten will, muss selbst stabil und berechenbar sein.
Die Fehler der Vergangenheit sind nicht nur strategischer, sondern auch kultureller Natur. Man glaubte, größer sei gleich besser, und verlor die Verbindung zur Basis. Nun muss diese Verbindung neu geknüpft werden – über Transparenz, über Dienst am Kunden, über klare, funktionierende Strukturen. Noch ist nichts gewonnen. Erst wenn die Apotheken wieder mit Überzeugung sagen können: „Noventi funktioniert“, ist das Ziel erreicht.
Die Sanierung war alternativlos. Der wahre Prüfstein beginnt jetzt – im Alltagsbetrieb. Und im Umgang mit Fehlern, die sich nie wiederholen dürfen.
Der schöne Schein des Pauschalzuschlags
Warum der 11-Euro-Vorstoß der ABDA nicht zur Politik passt
Der Vorschlag der ABDA, ein pauschales Fixum von 11 Euro pro abgegebener Arzneimittelpackung bis zur Schwelle von 20.000 Packungen einzuführen, sorgt für Aufsehen – und für Stirnrunzeln. Während der Koalitionsvertrag einen höheren Festzuschlag und eine gezielte Unterstützung "versorgungsrelevanter Apotheken" vorsieht, um die flächendeckende Arzneimittelversorgung insbesondere in strukturschwachen Regionen zu sichern, geht die ABDA in eine andere Richtung: Statt Differenzierung ein pauschaler Anspruch. Der DAV-Vorsitzende Hans-Peter Hubmann nennt es einen "Grundkostenzuschlag" für alle Apotheken, ungeachtet ihrer Lage oder Umsatzstruktur.
In der Praxis würde dieses Modell rund 510 Millionen Euro pro Jahr kosten. Die ursprünglich im Koalitions-Arbeitspapier veranschlagten 75 Millionen Euro, gedacht für gezielte Hilfen an besonders belastete Standorte, würden somit um ein Vielfaches überschritten. Kritiker sprechen von einem „verbrämten Geniestreich“, der weniger durch Finanzierbarkeit überzeugt als durch seine politische Undurchsetzbarkeit. Denn der Vorschlag ignoriert das politische Ziel der Bedarfslenkung zugunsten gleichmäßiger Versorgung – und versucht stattdessen, einheitlich über alle Apotheken hinweg mehr Honorar zu erwirken.
Die 75 Millionen Euro, aufgeteilt auf rund 17.000 Apotheken, ergäben rechnerisch etwa 4.400 Euro pro Betrieb – ein Betrag, der allein keine Apotheke retten kann. Wohl aber könnten diese Mittel gezielt eingesetzt Wirkung entfalten – vorausgesetzt, es existierte eine objektive und transparente Definition der „Versorgungsrelevanz“. Doch hier beginnt das Dilemma. Die ABDA zeigt wenig Interesse, diese Differenzierung zu leisten. Die Angst vor interner Spaltung ist zu groß. Lieber ein pauschaler Zuschlag für alle als ein gezielter für wenige? Doch damit unterläuft man die politische Zielsetzung und riskiert, am Ende leer auszugehen.
Das Fazit: Der Abda-Coup ist klug kalkuliert, aber er geht am Willen des Gesetzgebers vorbei. Ohne tragfähige Gegenfinanzierung und differenzierende Mechanismen wird sich die Forderung nicht durchsetzen lassen. Die Politik hat einen engen Finanzrahmen definiert – die ABDA muss lernen, darin zu wirken, nicht daran vorbei.
Die Apothekerorganisation ABDA sucht mit ihrem Vorschlag nach dem großen Wurf, trifft aber nur den Nerv der Realität. Statt sich der unbequemen, aber notwendigen Aufgabe zu stellen, Versorgungsrelevanz messbar zu definieren, flüchtet man sich in den Vorschlag einer flächendeckenden Pauschale. Das wirkt wie der Versuch, politischen Pragmatismus mit einem Hauch von populistischer Einfachheit zu übertönen. Doch so wird aus dem klugen Coup ein riskanter Alleingang.
Die Forderung ist zwar nachvollziehbar: Apotheken benötigen dringend mehr Geld. Aber ein übereinstimmendes "Mehr für alle" ignoriert nicht nur die finanziellen Grenzen, sondern konterkariert auch den gesetzgeberischen Auftrag zur gezielten Stärkung einzelner, besonders belasteter Standorte. Die ABDA steht hier vor einem klassischen Verteilungskonflikt, dem sie mit einer politischen Nichtentscheidung zu entkommen versucht.
Doch der politische Gegner ist kein Papiertiger. Der Koalitionsvertrag spricht Klartext: 900 Millionen Euro für ein höheres Fixum, 75 Millionen für gezielte Hilfen. Wer über diesen Rahmen hinaus will, muss nicht nur gut argumentieren, sondern ein Konzept liefern, das die Verteilungslogik des Gesetzgebers respektiert. Daran aber fehlt es bislang. Stattdessen bleibt die Hoffnung, dass ein überzogener Vorschlag zur Verhandlungsmasse wird. Doch das birgt Risiken. Wer auf alles setzt, kann am Ende mit nichts dastehen.
Mehr Umsatz, weniger Gewinn
Warum Apotheken trotz Rekordzahlen wirtschaftlich unter Druck stehen
Mehr Umsatz, weniger Gewinn – das war das ernüchternde Fazit des aktuellen Apotheken-Wirtschaftsberichts, den der Deutsche Apothekerverband (DAV) anlässlich seines diesjährigen Frühjahrsforums vorlegte. DAV-Vorsitzender Hans-Peter Hubmann versuchte dennoch, Hoffnung zu streuen. Nach dem politischen Ende der Ampel-Koalition sieht er eine Wende zum Besseren eingeläutet. Die neue schwarz-rote Bundesregierung verspreche Stabilisierung, statt weitere Belastung. Vor allem ein baldiger Anstieg des Fixums auf mindestens 9,50 Euro und die Rücknahme des Skontoverbots könnten kurzfristig die Lage vieler Apotheken entschärfen, so Hubmann. Die notwendigen Änderungen der Arzneimittelpreisverordnung seien technisch simpel, politisch aber ambitioniert.
Der Wirtschaftsbericht selbst dokumentiert ein ambivalentes Bild: Die Gesamtumsätze der Apotheken stiegen 2024 auf 70,4 Milliarden Euro. Doch die Zahlen trügen. Nach Abzug von Wareneinsatz, Lohnkosten und anderen Betriebsausgaben bleibt von den Millionenbeträgen wenig übrig. Das durchschnittliche Betriebsergebnis vor Steuern und Altersvorsorge liegt bei 162.000 Euro. Ein Viertel der Apotheken muss sich mit weniger als 75.000 Euro begnügen, sieben Prozent rutschen ins Minus. Die Gewinnmarge fiel auf einen historischen Tiefstand von 4,4 Prozent.
Während Vor-Ort-Apotheken kämpfen, profitieren andere: Der Versandhandel erlebte dank E-Rezept einen neuerlichen Boom. Shop Apotheke konnte durch eine prominente Werbekampagne mit Günther Jauch Zugewinne verzeichnen. DocMorris hingegen verzeichnete instabile Entwicklungen. Bemerkenswert: Beide Unternehmen bleiben trotz wachsender Umsätze in der Verlustzone, insbesondere wegen ihrer massiven Werbeausgaben.
Hubmann setzt auf mehr als nur monetäre Lösungen: Die Apothekerschaft müsse sich erweiterten Aufgabenfeldern öffnen, insbesondere im Bereich Prävention und digitaler Patientenbegleitung. Die Apotheken könnten dabei eine Vermittlerrolle zwischen Patienten und digitalem Gesundheitssystem einnehmen – allerdings nur, wenn diese Zusatzaufgaben auch honoriert würden. Auch die Abda-Initiative "Apotheke der Zukunft" sei Teil der Antwort auf die Krise. Der Appell ist klar: Apotheken sind systemrelevant, keine Randerscheinung.
Man muss es aussprechen: Die wirtschaftliche Lage der Apotheken ist dramatisch. Wer nur auf den Umsatz blickt, irrt. Entscheidend ist, was am Ende übrig bleibt – und das ist bei einer Vielzahl der Betriebe erschreckend wenig. Wenn sieben Prozent der Apotheken rote Zahlen schreiben und ein Viertel mit Betriebsergebnissen unter 75.000 Euro auskommen muss, ist das kein Betriebsunfall. Das ist Systemversagen.
Dass DAV-Chef Hubmann versucht, mit vorsichtigem Optimismus gegenzusteuern, ist verständlich – und auch notwendig. Aber der Glaube an schnelle Lösungen durch eine Arzneimittelpreisverordnung oder neue Honorierungsmodelle darf nicht über das Kernproblem hinwegtäuschen: Das Vertrauen in die politische Steuerungsfähigkeit ist tief erschüttert. Die Abda kämpft um Gehör, aber der politische Wille, endlich strukturell zu helfen, bleibt diffus. Die neue Bundesregierung kündigt viel an, doch es braucht endlich belastbare Gesetze und sofort wirksame Maßnahmen.
Zudem darf man die Konkurrenz nicht unterschätzen. Der Versandhandel, obgleich wirtschaftlich ebenfalls angespannt, entwickelt eine enorme Marktmacht – befeuert durch Digitalisierung, Werbung und Bequemlichkeit. Dass sich beide führenden Versandapotheken Verluste leisten können, zeigt ihre Langfriststrategie: Marktanteile erobern, koste es was es wolle.
Streitfall Gesundheitskompetenz
Apothekenkonzept trifft auf ärztliche Abwehr – Gassen warnt vor Kompetenzverschiebung und Verteilungskampf
Beim diesjährigen DAV-Wirtschaftsforum ließ der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, keinen Zweifel daran, was die Ärzteschaft vom erweiterten Rollenverständnis der Apotheken hält: wenig bis nichts. Das jüngst von der ABDA vorgestellte Zukunftskonzept, das eine stärkere Einbindung der Apothekerinnen und Apotheker in die Primärversorgung, Prävention und Entlastung des hausärztlichen Sektors vorsieht, stieß bei Gassen auf kühle Ablehnung. In seiner Rede sprach er von „hochgezogenen Augenbrauen“, wenn es um Leistungen geht, die über die klassische Arzneimittelabgabe hinausgehen – etwa Gesundheitsberatungen, niedrigschwellige Check-ups oder Impfungen. Diese seien „keine originären Aufgaben“ der Apothekerschaft, denn: „Ihre Kompetenz ist die Pharmazeutik, nicht die Behandlung.“
Zwischen den Zeilen offenbarte Gassen damit nicht nur eine klare Grenzziehung zwischen ärztlichem und pharmazeutischem Selbstverständnis, sondern auch die alten Besitzstandswahrungskonflikte, die das Gesundheitswesen seit Jahren lähmen. Zwar äußerte Gassen auch den Wunsch nach einer besseren Vernetzung beider Professionen, um gemeinsam die Effizienz der Versorgung zu steigern. Doch sein kategorischer Ausschluss bestimmter apothekerlicher Zusatzleistungen relativiert diese Kooperationsbereitschaft erheblich.
Tatsächlich erleben Apotheken in Ländern wie Frankreich, Kanada oder Großbritannien bereits seit Jahren eine Rolle, die weit über die Arzneimittelversorgung hinausgeht – und das mit Zustimmung der dortigen Ärzteschaften. Blutdruckmessungen, Impfungen, Medikationsanalysen und präventive Beratung zählen dort längst zum Standard. Auch in Deutschland wurden mit dem Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz erste gesetzliche Grundlagen geschaffen, die diese Entwicklung stützen – etwa die Grippeschutzimpfung in der Apotheke.
Die Debatte wird inzwischen zunehmend ideologisch geführt: Auf der einen Seite steht eine Ärzteschaft, die Kompetenzgrenzen betont und Honorarverteilung im Blick behält. Auf der anderen Seite positioniert sich eine Apothekenlandschaft, die auf steigenden Beratungsbedarf, Fachkräftemangel bei Ärzten und Versorgungslücken im ländlichen Raum verweist. Es ist eine Auseinandersetzung um Rollenverständnis, Machtverteilung – und Geld.
Einigkeit besteht immerhin darin, dass es ohne sektorenübergreifende Kooperation keine tragfähige Gesundheitsversorgung der Zukunft geben wird. Doch wie diese aussehen soll, darüber herrscht zwischen Ärzten und Apothekern Uneinigkeit – und zwar nicht nur mit hochgezogenen Augenbrauen.
Es ist ein Reflex, den wir zur Genüge kennen: Kaum weitet die Apothekerschaft ihr Leistungsspektrum über das klassisch Definierte hinaus aus, melden sich ärztliche Berufsvertreter zu Wort – mit mahnenden Worten und dem Hinweis auf Kompetenzgrenzen. KBV-Chef Andreas Gassen folgt dieser Tradition mit bemerkenswerter Verlässlichkeit.
Seine Ablehnung gegenüber einer erweiterten apothekerlichen Mitwirkung in der Primärversorgung entspringt dabei weniger einem Mangel an Vertrauen in die Qualifikation, sondern vielmehr der Sorge um ökonomische und statusbezogene Positionierungen im Gesundheitssystem. Die Formulierung „nicht in Verteilungskämpfe begeben“ ist in diesem Kontext keine Warnung – sie ist das Eingeständnis genau eines solchen Kampfes.
Was Gassen übersieht – oder unterschätzt: Die Zeiten des exklusiv ärztlich kontrollierten Versorgungsmodells sind vorbei. Die Realität in vielen ländlichen Regionen, aber auch in unterversorgten städtischen Quartieren, verlangt neue Versorgungslogiken. Wer dort nicht Versorgungsideen jenseits der traditionellen Berufsbilder diskutieren will, stellt sich gegen den Fortschritt.
Das Argument, Apotheker seien „nicht für Behandlung zuständig“, ignoriert die Tatsache, dass moderne Pharmazeutik mehr ist als Arzneimittelverteilung. Es geht um Anwendung, Wirkstoffkenntnis, Wechselwirkungsberatung, Medikationsmanagement – um eine patientennahe Dienstleistung, die sich mit der ärztlichen Behandlung ergänzt, nicht konkurriert. Das mag Gewohnheitsrechte verletzen, aber es rettet Versorgung.
Die Kooperation zwischen Ärzten und Apothekern bleibt richtig und notwendig. Doch sie muss auf Augenhöhe erfolgen. Nicht mit hochgezogenen Augenbrauen, sondern mit klaren Regeln, Rollen – und Respekt.
Elementarschäden, Versicherungsfalle, Apothekenhaftung
Naturgefahren bedrohen Standorte – warum Apotheker dringend handeln müssen
Für Apothekenbetreiber gewinnt die Debatte um eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden eine besondere Brisanz. Viele Betriebsstandorte befinden sich in innerstädtischen Altbauten, an Flussläufen oder in baulich verwinkelten Gewerbeeinheiten mit empfindlicher Infrastruktur. Wenn Starkregen Keller überschwemmt, Rückstaus Medikamentenlager fluten oder Stromausfälle Kühlschränke lahmlegen, steht nicht nur das Warenlager auf dem Spiel, sondern die gesamte Betriebsfähigkeit. Die bisherige Praxis, sich freiwillig gegen Naturgefahren zu versichern, ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten riskant – unter rechtlichen zunehmend verantwortungslos. Denn der Gesetzgeber plant nicht nur, eine Pflichtdeckung einzuführen, sondern auch die staatlichen Hilfen drastisch zu begrenzen.
Wer eine Apotheke betreibt, muss künftig nachweisen können, dass alle relevanten Risiken durch eine Police gedeckt sind – auch im Hinblick auf Betriebsunterbrechungen und Wiederaufbaukosten. Besonders relevant sind dabei Risiken wie Starkregen, Überschwemmung durch Rückstau, Erdfall oder Schneedruck. Was auf den ersten Blick nach Spezialrisiken klingt, betrifft in Wahrheit viele Apotheken: Oft reichen bereits wenige Zentimeter Wasser, um eine teure Rezepturtechnik zu zerstören oder eine digitalisierte Lagerhaltung unbrauchbar zu machen. In Kombination mit gestörten Lieferketten und unterbrochener Kundenzufuhr entsteht schnell ein Totalschaden, der existenzielle Folgen hat.
Die geplante Pflichtversicherung würde nicht nur für Wohnhäuser gelten, sondern auch für gewerblich genutzte Immobilien – also auch für Apothekenbetriebe. Die Politik will damit vermeiden, dass Unternehmer nach einer Katastrophe unversichert vor dem Ruin stehen und anschließend auf staatliche Hilfen hoffen. Für Apotheken ergeben sich daraus klare Handlungsfelder: Standorte müssen versicherungstechnisch neu bewertet, bestehende Policen überprüft und erweitert werden. Dabei ist entscheidend, ob die Gebäudeversicherung der Immobilie den Elementarschutz enthält und in welchem Umfang der Inhalt und Betriebsunterbrechungen abgedeckt sind. Häufig zeigt sich, dass vermeintlich „komplette“ Policen Lücken aufweisen, etwa bei Rückstauereignissen oder bei technikbedingten Kettenreaktionen nach einem Wasserschaden.
Zudem rückt die Standortwahl stärker in den Fokus. Wer künftig eine Apotheke in einem bekannten Überschwemmungsgebiet betreibt oder einen neuen Standort plant, muss mit höheren Beiträgen, erschwertem Versicherungsschutz oder sogar Einschränkungen beim Genehmigungsrecht rechnen. Der Gesetzgeber signalisiert deutlich: Wer Risiken freiwillig eingeht, soll auch die volle Haftung tragen – wirtschaftlich wie juristisch. Für Apothekenbetreiber bedeutet das nicht nur höhere Versicherungsprämien, sondern auch neue Pflichten bei der Risikoaufklärung gegenüber Mitarbeitenden, Kunden und Behörden.
Besonders heikel wird es, wenn aufgrund unzureichender Absicherung ein Schaden eintritt und die Betriebshaftpflicht nicht greift. In solchen Fällen können Apotheker für nicht abgegebene Arzneimittel, verlorene BtM-Bestände oder beschädigte Lagerware persönlich haftbar gemacht werden. Auch Mietverträge enthalten oft Klauseln, die im Katastrophenfall zu Lasten des Mieters wirken – etwa bei Wiederherstellungspflichten oder Nebenkostenumlagen für Instandsetzung. Wer seine Apotheke betreiben will, muss künftig mehr denn je über Versicherungswissen verfügen – oder kompetente Beratung einholen.
Apotheken stehen im Zentrum der gesundheitlichen Daseinsvorsorge – doch ihr Schutz vor Elementarschäden ist bislang kaum Teil der öffentlichen Diskussion. Das ist ein Versäumnis mit potenziell katastrophalen Folgen. Denn wenn eine Apotheke nach einem Starkregenereignis tagelang schließen muss, betrifft das nicht nur die wirtschaftliche Bilanz des Inhabers, sondern auch die Versorgung chronisch Kranker, Pflegeeinrichtungen oder Notdienste. Die Vorstellung, dass ein solcher Schaden durch freiwillige Versicherungsentscheidungen abgefedert werden könne, ist naiv – und gefährlich.
Die Einführung einer Pflichtversicherung ist deshalb aus Sicht des Gemeinwohls ebenso zwingend wie aus Perspektive der Betriebsverantwortung. Apothekeninhaber verwalten sensible Güter: Arzneimittel, Betäubungsmittel, patientenbezogene Daten. Der Verlust dieser Infrastruktur durch vermeidbare Schäden ist nicht nur eine betriebswirtschaftliche Schwäche, sondern eine regulatorische Fahrlässigkeit. Wer hier spart, spart am Fundament.
Gleichzeitig ist die Pflichtversicherung kein Allheilmittel. Sie schützt nicht vor Fehlern in der Vertragsgestaltung, lückenhafter Risikoanalyse oder mangelndem Notfallmanagement. Eine Police ist nur so gut wie das Bewusstsein ihres Inhabers für die Realität der Risiken. In einer Zeit, in der Extremwetter zum Normalfall wird, reicht es nicht, auf den Staat zu hoffen oder auf Ausnahmelagen zu verweisen. Es braucht ein strategisches Risikomanagement – das beginnt mit dem Standort, setzt sich in der Gebäudetechnik fort und endet bei der klaren Verantwortungszuteilung im Schadenfall.
Die Branche muss lernen, dass Versicherungsfragen kein Annex der Betriebsführung sind, sondern ein zentrales Element unternehmerischer Resilienz. Eine verpflichtende Elementarschadenversicherung wird kommen. Wer jetzt handelt, entscheidet nicht nur über Beitragshöhen, sondern über Existenz oder Insolvenz. Der Grundsatz ist klar: Wer eine Apotheke betreibt, darf sich nicht darauf verlassen, dass andere im Ernstfall für seine Risiken einstehen. Verantwortung ist nicht delegierbar – weder politisch noch versicherungstechnisch.
Digitale Apotheke unter Beschuss
Warum Cyberschutz über Vertrauen, Versorgung und Haftung entscheidet
Mit der Digitalisierung der Apotheken schreitet auch ihre Verwundbarkeit voran. Wo früher das Rezept in Papierform und das Lager im Kellergeschoss die Versorgung strukturierten, regieren heute Server, Netzwerke und Schnittstellen – und mit ihnen eine neue Risikodimension: Cyberangriffe. Doch die digitale Resilienz hinkt hinterher. Technische Schutzmaßnahmen, organisatorische Konzepte und rechtliche Absicherung sind lückenhaft, uneinheitlich und vielfach ungenügend. Dabei geht es nicht mehr nur um IT, sondern um das Fundament patientenzentrierter Versorgung. Ein erfolgreicher Angriff kann den Betrieb lahmlegen, Daten kompromittieren – und Leben gefährden.
Apotheken verarbeiten sensible Informationen, kommunizieren mit Krankenkassen, Ärztinnen und Großhändlern, steuern ihre Bestände digital und versenden E-Rezepte. Diese Infrastruktur erzeugt eine Angriffsfläche, die mit jedem neuen System wächst. Besonders dramatisch: Selbst Basisschutz fehlt vielerorts. Sicherheitsupdates werden verzögert, Passwörter unzureichend geschützt, Firewalls nicht aktiv verwaltet. Der Mensch bleibt die größte Schwachstelle – nicht aus Fahrlässigkeit, sondern aus struktureller Überforderung.
Die rechtliche Lage ist eindeutig. Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verpflichtet zu „angemessenen technischen und organisatorischen Maßnahmen“. Doch Angemessenheit wird oft mit Mindestmaß verwechselt. Kaum eine Apotheke betreibt regelmäßige Audits, verfügt über einen vollständigen Notfallplan oder organisiert verpflichtende Cybersicherheitsschulungen. Dabei haftet im Zweifel die Inhaberin – nicht der IT-Dienstleister. Die Verantwortung ist nicht delegierbar, auch wenn externe Hilfe unverzichtbar ist.
Die Politik lässt Lücken. Zwar wird Digitalisierung gefordert, aber nicht flankiert. Weder gibt es verbindliche Standards für Apotheken noch Förderprogramme für IT-Sicherheit. Die Standesvertretungen mahnen, aber gestalten nicht. Währenddessen verstärken sich die Angriffe: Gesundheitsdaten sind ein lukratives Ziel. Die Schadsoftware ist raffiniert, die Erpressung systematisch. Was fehlt, ist eine strategische Sicherheitsarchitektur, die Apotheken nicht allein aufbauen können.
Versicherungslösungen wie PharmaRisk® Cyber sichern im Schadensfall ab, aber keine Strategie ersetzt die Vorsorge. Schulungen, Verantwortungszuweisung, Segmentierung von Netzwerken und klare Zugriffskonzepte gehören zur Grundausstattung. Ein Sicherheitskonzept beginnt nicht beim IT-Dienstleister, sondern in der Geschäftsführung. Verantwortung ist kein Add-on – sie ist das Rückgrat betrieblicher Sorgfalt.
Solange Cyberschutz als Zusatzaufgabe verstanden wird, bleibt die digitale Apotheke ein Hochrisikobereich. Nur wer Cybersicherheit als Versorgungsaufgabe begreift, kann Vertrauen dauerhaft sichern. Es geht nicht um Technologie, sondern um Glaubwürdigkeit, Versorgungskontinuität und unternehmerische Zukunft.
Cybersicherheit ist keine Frage der Technik. Sie ist eine Frage der Haltung. Wer glaubt, mit einem installierten Virenschutz oder einem IT-Wartungsvertrag dem Risiko Genüge getan zu haben, versteht weder die Tiefe noch die Dynamik der Bedrohung. Apotheken sind systemrelevant – das macht sie zum Ziel. Und doch sind viele von ihnen systematisch unvorbereitet.
Die politische Debatte fokussiert auf Vergütung, Lieferengpässe und Digitalisierungstempo. Das ist berechtigt, aber verkürzt. Denn jede digitale Erneuerung ohne gleichzeitigen Sicherheitsrahmen produziert ein doppeltes Risiko: technisch und strukturell. Die DSGVO schreibt Sicherheitsmaßnahmen vor – doch sie nennt keine Standards. Diese Leerstelle wird von Unsicherheit gefüllt.
Viele Inhaberinnen und Inhaber agieren pragmatisch, aber nicht strategisch. Die Verantwortung bleibt diffus, Aufgaben werden verschoben, weil Tagesgeschäft und Personalmangel dominieren. Doch wer hier spart, spart an der Existenzgrundlage. Ein Cybervorfall ist kein IT-Problem, sondern ein Betriebsrisiko.
Es braucht eine Kehrtwende. Cybersicherheit muss verpflichtender Bestandteil jeder Apothekenstruktur werden – mit eigenem Budget, eigenem Verantwortungsbereich und klarer Governance. Die Standesvertretung muss liefern: Konzepte, Standards, Hilfestellung. Die Politik muss fördern, was sie fordert.
Die Bedrohung wächst. Die Taten nicht. Die digitale Zukunft der Apotheke entscheidet sich am Schutzschirm. Nicht irgendwann – sondern jetzt.
Glosse: Salbe deine Seele
Wenn Apothekerinnen auf dem Pfad der Erleuchtung wandeln
Carola Brambach, Inhaberin der Landapotheke „Zum heilenden Hahn“, steht auf einem Einbein-Hocker, während sie versucht, die Packung Pantoprazol aus dem obersten Regal zu befreien. Der Scanner streikt, der Drucker quillt, der Kunde quengelt – und Carola? Summt leise ein Anti-Stress-Mantra aus dem Seminar „Körpersprache für Geschundene“.
Früher war sie die Apothekerin mit dem Adlerblick: Rabattverträge, Rückrufe, Rezeptkontrolle – alles im Griff. Heute: Augenflattern ab 10 Uhr, Kreislaufmüdigkeit bei PTA-Fragen und leichtes Zittern bei Großhandelsmails.
Seit der Homöopathiekongress in Bad Dübelingen sie „energetisch geklärt“ hat, lebt Brambach anders. Keine Bilanz ohne Bachblüten, keine Lieferengpassmeldung ohne Lavendelöl. Ihre Angestellten witzeln, sie sei die erste Apothekerin, die statt Excel-Filtern jetzt Chakren reinigt.
Doch der Umsatz? „Wird überbewertet“, sagt Brambach. „Mein inneres Konto ist im Plus.“ Ihren Lohn überweist sie sich seit Februar nicht mehr – „Selbstwirksamkeit statt Selbstbehalt“ lautet ihre Devise. Stattdessen schenkt sie ihrer PTA den fünften Sonderurlaub, „zur geistigen Regeneration“.
Kritik am System äußert sie nicht. Sie atmet sie weg. Als ein Kunde am HV über den Preis schimpft, antwortet sie mit geschlossenen Augen: „Worte haben Kraft. Achten Sie auf Ihre Schwingung.“ Dann reicht sie ihm schweigend das Wechselgeld – in einem Beutel aus Biobaumwolle.
Während manche noch kämpfen, hat Brambach losgelassen. Die letzte Inventur fand im Sitzen statt, das letzte Mitarbeitergespräch bei Klangbad und Quellwasser. Sie hat verstanden: Die Apotheke ist nicht der Ort für Lösungen – sondern ein Feld für Transformationsprozesse.
Selbst beim pharmazeutischen Personalrat war man irritiert: „Frau Brambach hat ihre Jahresmeldung in Gedichtform eingereicht.“ Doch statt Abmahnung gab es Applaus. Und eine Einladung zum Innovationsforum „Heilberuf & Heilritual“.
Dort wird Brambach demnächst referieren. Titel: „Salbe deine Seele – wie Apotheken Orte des Lichts werden können.“
Von Engin Günder, Fachjournalist
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